Denkt mal drüber nach
Ich möchte nochmal auf den Tod meines Hundes zurückkommen und mit euch ein paar meiner Gedanken teilen!
Es ist noch nicht lange her und er fehlt mir jeden Tag, der vergeht immer mehr.
Jedes Mal, wenn ich durch die Wohnung gehe, wünsche ich mir das er mich anstubst, weil er vergisst zu bremsen und jedes Mal wenn es 18:00 Uhr ist, gehe ich in die Küche, weil ich ihm was zu essen machen möchte.
Am Tag gehe ich mehrmals die Strecke, die wir zum Schluss immer gemeinsam gingen und wenn wir dann wieder zur Haustüre rein sind, gehe ich in den Raum, in dem seine Leckerchen liegen und wahrscheinlich noch lange liegen werden, weil er ein kleines bisschen verfressen war.
In seinen Napf fülle ich auch noch heute täglich frisches Wasser rein und wenn es dann nicht mehr so dolle ist, gieße ich damit den Baum, der in meinem Wohnzimmer steht.
Immer wenn ich auf die Straße fahre, verabschiede ich mich und streichele über seine Urne, sowie ich ihm, als er noch lebte über seinen süßen Kopf gestreichelt habe, ihn geknuddelt habe und mit ihm rumgetobt bin.
Der Schmerz des Verlustes hängt mir sehr nach und ich glaube nach außen hin kann ich das mittlerweile recht gut verstecken, sowie ich auch sonst vieles verstecken kann, wenn es um Dinge geht, die mich bewegen.
Ich habe mir in den letzten zwei Wochen noch mehr Gedanken gemacht, als ich es bisher schon tat – Gedanken darüber – wie es anderen Menschen, in einer solchen Situation geht.
Denen die vielleicht niemanden haben, mit denen sie darüber sprechen können, denen die absolut allein bleiben, denen – die absolut abschalten und von nichts und niemanden mehr was hören wollen.
Ein Hund ist nicht nur ein Hund – ein Hund ist ein Familienmitglied, er ist näher bei uns Menschen, als manch guter Freund – man redet nicht viel mit ihm, man schaut sich nur gegenseitig an und spürt was dieses Wesen haben möchte oder wie es diesem Wesen geht – man spürt sich selbst, man spürt leben in sich selbst.
Und dann sind da diese Momente, da weiß man nicht wo unten oder oben ist.
An dem Tag als Ben gestorben ist, stand ich im Getränkehandel vor dem Spirituosenregal und habe mich in Gedanken schon mit der ein oder anderen Flasche angefreundet aber letztendlich dann doch nichts von alle dem gekauft, weil die Vernunft gesiegt hat und der Verstand mich an die erinnert hat, zu denen wir fast täglich auf die Straße gehen – zu denen, dessen Vernunft irgendwann nicht gesiegt hat und zu denen die zugegriffen haben, sich für einen Augenblick – einen neuen Freund damit ersetzt haben – dann aber irgendwann begriffen haben, dass dieser Freund zu einem bösen Feind werden kann.
Bei mir ist es der Hund, mein Seelenhund, mein alles, ein Teil meines Lebens – bei anderen ist es vielleicht die Frau, der Mann, das Kind oder irgendwas anderes, dass letztendlich dazu führte, nicht mehr zu wissen, wie man all das überhaupt noch verkraften kann.
Ich habe gelernt mit solchen Sachen umzugehen, wenn man sowas überhaupt lernen kann, aber ich stehe weiterhin mit beiden Beinen auf und werden auch mit meinen beiden Beinen weitergehen –
Kopf hoch – Krönchen richten – weitermachen – so bin ich erzogen worden – was ich in meinen vier Wänden denke und fühle – darüber muss ich hier nichts schreiben, dass ist nebensächlich.
Viele haben ihre eigene Art und Weise damit umzugehen, aber es gibt definitiv auch sehr viele, die das eben nicht packen, die es nicht schaffen – ihren Weg weiterzugehen.
Es sind die, die sich irgendwann niederknien und aufgeben, die die Gesellschaft verlassen und sich soweit zurückziehen, bis sie irgendwann dort landen, wohin wir in der Nacht hinfahren, es sind die – die es nicht geschafft haben zu kämpfen, ihre Gefühle zu streicheln, ihren Lebenswillen zu erkennen, ihren Hintern hoch zu bekommen und trotz alle dem weiterzumachen.
Und ich bin definitiv nicht allein mit diesem Riesen Loch in mir – dass sich vielleicht niemals mehr füllen lässt, auf dieser Welt unterwegs – ich bin einer von vielen, denen jeden Tag irgendwas passiert, dem irgendwas genommen wird, wobei es doch eigentlich noch viel zu früh dafür gewesen ist – ich bin einer von denen, denen stundenlang diese Gedanken im Hirn herumturnen, die Bilder aus vergangen Tagen sehen, wie sie mal waren, als noch alles rosig und bunt war.
Und gerade, weil ich einer von all diesen vielen Menschen bin, kann ich noch mehr und noch intensiver mit meinen Gedanken, bei denen sein, die es eben nicht geschafft haben, die durch so ein Schicksalsschlag vollkommen und ganz unter auf der Erde gelandet sind – ich kann sehr gut nachvollziehen, wie sich jeder einzelne dieser Menschen fühlt und verstehe nun auch umso mehr, warum viele Menschen gar nicht darüber reden möchten.
Vielleicht versteht so manch einer von euch, die das hier lesen, was ich damit meine – vielleicht – nein nicht vielleicht, sondern ganz sicher – gibt es unter euch Menschen, die das nachvollziehen können, die eine ähnliche Situation erlebt haben oder eben auch erleben mussten – die durch sowas noch mehr sensibilisiert wurden und beim nächsten Mal, wenn ihr dann einem Menschen auf der Straße sitzen seht, euch kurz mal Gedanken darüber macht, was vielleicht diesem Menschen wiederfahren ist, was er erlebt hat, erleben musste – was er vermisst und was ihm vielleicht genommen wurde und das jeder von euch – der dort nicht sitzt, glücklich darüber sein sollte, stärker gewesen zu sein, als dieser Mensch dort und gerade deshalb, weil ihr stärker als diese Person wart – ihr in einer gewissen Verpflichtung steht – dieser Person zu helfen und sei es nur durch einen Anruf, um andere zu informieren – die diesem Menschen dann helfen.
Vielleicht war es „nur“ sein Hund, vielleicht war es aber noch was ganz anderes – was diesen Menschen, dort auf der Straße dazu gebracht hat, seinen Weg in die Obdachlosigkeit fortzusetzen – vielleicht waren es nur die Menschen, die er nicht hatte, als er sie gebraucht hätte, als er reden wollte – vielleicht bist du die Person, die diesen Menschen anspricht und ihm ein kleines Lächeln schenken kann.
Vielleicht bist du ein Augenblick für diese Person, die ihn ein kleines bisschen Hoffnung schenkt, um doch irgendwann wieder von alleine aufzustehen.
Denkt mal drüber nach