Das geht auch nicht so einfach an einem vorbei
Heute war ein etwas kunterbunter Abend gemischt, mit leichten bis schweren Orkanböen – eigentlich hatten wir da gar nicht mehr dran geglaubt aber sind dann vom Gegenteil überzeugt worden, nachdem die Bäume sich in Wuppertal etwas abnormal anfingen zu biegen.
Land unter quasi – die Sichtweite war auch nicht soooo angenehm aber dafür haben die Städte glaube ich die weißen Linien erfunden, damit man sich dann zu mindestens an irgendwas orientieren konnte, es sei sie standen vollkommen unter Wasser und das Fahrzeug bekam eine Unterbodenwäsche nach der anderen.
Man kann kurz und knapp sagen – es war ziemlich wässrig und vom geblitze und gedonnere, darüber fangen wir erstmal gar nicht an zu schreiben.
Blöde Blitze – habe mich ständig erschreckt und das in meinem Alter – tz tz tz
Es ist aber irgendwie doch immer so – man wünscht sich Abkühlung und dann ist sie da, dann wünscht man sie sich auch gleich wieder weg – irgendwas ist eben immer.
Zum Anfang unserer Tour, auf der mich heute Jens begleitete, ging es erstmal ins Lager – da wurde das Fahrzeug beladen, und zwar so, dass alles voll war.
Der Ausbau im Kofferraum wurde aufgefüllt, die Ersatzkiste auf der Rücksitzbank gecheckt und dann noch die Thermobox für die kalten Getränke eingeladen.
Andere Menschen fahren mit so einer Beladung in den Urlaub – wir hingegen – begeben uns in die Nacht hinein, um denen zu helfen, die keine Bleibe gefunden haben oder auch gar nicht haben.
Zuerst ging es zu dem Herrn im Wohnwagen. Er ist in den vergangenen Tagen gestürzt und hatte Schmerzen. Als wir eintrafen, stand bereits ein besorgtes Pärchen bei ihm und machte sich schon Sorgen und hatte auch bei der Feuerwehr angerufen, doch wenn jemand nicht ins Krankenhaus möchte, sowie auch der Herr es nicht wollte, dann wird erst gar nichts rausgeschickt.
Hm – also was tun – da nochmal anrufen und vielleicht eine Notfallleitung besetzen, mit dem Ergebnis, dass niemand kommen wird, war irgendwie blöd.
Aber wir würden ja nicht UNSICHTBAR e.V. heißen, wenn uns dann nicht doch was einfallen würde und unsere Lösung am heutigen Abend trug den Namen Doreen.
Sie ist Krankenschwerster, Mitglied bei uns im Verein und ich versuchte einfach mal mein Glück – rief sie an – erzählte ihr die Situation und fragte, ob sie nicht mal erscheinen möchte.
Eigentlich hätte sie am heutigen Tag – also gleich – sehr früh rausgemusst, aber was soll ich sagen – wir haben durchweg nur großartige Menschen bei uns – sie machte sich auf den Weg und war kurze Zeit später da und schaute sich den Herrn an.
Tatsächlich wäre er kein Fall für ein Krankenhaus gewesen, aber man macht sich eben Sorgen, gerade um ihn, der bei den Temperaturen im Wohnwagen lebt, sich eh schon schlecht bewegen kann und auch schon einen Infarkt nach dem anderen hatte.
Das geht auch nicht so einfach an einem vorbei – da macht man sich regelmäßig Sorgen und auch Gedanken darüber, was denn wäre, wenn wir ihn mal besuchen fahren, um nach dem Rechten zu schauen und er nicht mehr in der Lage ist, mit uns zu reden, uns seine Geschichten zu erzählen, sich zu freuen, wenn wir ihn besuchen kommen oder zu fragen – seid ihr die Unsichtbaren, die mir helfen, die mir Kaffee und all die anderen Dinge bringen – was – wenn es plötzlich still und leise sein würde, was wenn er das nicht überlebt?
Alles Sachen, die einem durch den Kopf gehen – alles Stiche mitten ins Herz, wenn man darüber nachdenkt – alles zermürbend, wenn man helfen möchte aber von der anderen Seite dann kommt, dass es vollkommen ausreichend ist, wie und wo er lebt und das es ihm gut tut zu wissen, dass wir für ihn da sind und das für ihn vollkommen ausreichend ist.
Wir bleiben am Ball und werden nun täglich nach ihm sehen.
Vielen Dank – liebe Doreen – für diesen herzlichen und spontanen Einsatz.
In Bochum war es heute sehr ruhig, vielleicht hat ja das Hitzekonzept der Stadt Bochum tatsächlich Wirkung gezeigt und vielen derer die sonst auf der Straße leben, wurde damit geholfen.
Danach ging es dann nach Wuppertal, dort konnten wir Wasser – welches händeringend gerne entgegengenommen wurde, verschenken – Kaffee – Suppen und auch einen TOM und ein Regenponcho, sowie eine Cap fanden den Weg zu Menschen, die sich darüber freuten.
Danach sollte es eigentlich nochmal ins Lager gehen – den Wagen nochmal auffüllen, für Thorsten, der dann heute Abend damit auf Tour geht.
Auf dem Weg zur Autobahn, fuhren wir an einer Bushaltestelle vorbei, unter die sich mittlerweile Menschen ansammelten, um vor dem bösen, meist sehr nassen Regen zu flüchten.
Aber sie waren nicht allein da, denn auf der Bank saß ein Herr, der offensichtlich obdachlos war.
Also wenden und hin da und dann nicht wundern, was dann passierte und eigentlich wundert uns gar nichts mehr – hin und wieder vielleicht ein bisschen aber in dem Augenblick musste ich mich ernsthaft beherrschen und meinen Sabbel halten.
Als wir ausstiegen und den Herrn fragten, ob er einen Kaffee haben möchte, schien es mir so, als würden die Leute, die direkt neben ihm standen, in dem Augenblick erstmal zu realisieren, dass dort ein Herr saß – ein obdachloser Herr und die ganze Gruppe ging in eine andere Ecke – wären sie noch dichter zusammengerückt, wären sie kurz davor gewesen, ineinander zu verschmelzen.
Ein obdachloser Menschen – oh Hilfe – nix wie weg!
Wir kümmerten uns um ihn, gaben ihm einen Kaffee und schenkten ihm einen TOM – die Menschen daneben wurden in dem Augenblick dann für uns, unsichtbar.
Mir viel auch ehrlich gesagt dann doch nichts mehr dazu ein und dass mir zu etwas nichts einfällt, dass ist selten – sehr selten sogar.
Dann verabschiedeten wir uns und uns wurde wieder mal klar, dass unser Vereinsname, wie die Faust auf`s Auge passt.
Euch allen eine gute Nacht – geht vielleicht nicht raus, denn da biegen sich gerade die Bäume und irgendjemand schmeißt Tonnen voll mit Wasser vom Himmel.
Ach ja eigentlich wollte ich ja noch einen Blitz aufnehmen aber Jens meinte, die blitzen so schnell, da würde man gar nicht zum blitzen kommen 🤭 Wie ihr lesen könnt, sind unsere Gespräche im Auto oftmals sehr tiefsinnig, meisstens aber auch lustig, hin und wieder aber auch sehr nachdenklich – von allem ein bisschen und im allgemeinen immer so, dass ich für meine Person mit jedem Straßenteammitglied, immer wieder gerne rausfahre.