Wieder unter 10 Grad Celsius
Wieder unter 10 Grad Celsius. Jede Tour, die ich mitfahre, verschiebt sich die Anzeige vom Thermometer ein Stück weiter nach unten.
Den Tag über hat es geregnet, und allein die Vorstellung, bei der Kälte + Nässe auf der Straße schlafen zu müssen, lässt mich frösteln, und besser wirds erstmal lange Zeit nicht.
Für die Menschen auf der Straße ist das Wetter sicherlich etwas besser auszuhalten mit warmen Kaffee und etwas warmen Essen, also los zu unserer ersten Station.
Ein uns seid neuer bekannter Herr brauchte einen Schlafsack und etwas Verpflegung. Gar kein Problem für Sabine und mich ihm diese Bedürfnisse zu erfüllen, für all seine anderen Sorgen, die ihn so Plagen bräuchten, wir jedoch wahrscheinlich göttliche Hände. Haben wir aber nicht, ein offenes Ohr und menschlicher Rat ist eben alles was wir geben können, vielleicht hilfts ja.
Also zum nächsten Ort, wo wir normalerweise immer viele Menschen treffen, anders als heute. Dort angekommen kurz auf Toilette, einen Kaffee und warten. Als nach einer viertel Stunde noch keiner da war, nicht einmal der Herr, der dort eigentlich auch seinen Schlafplatz hatte, fuhren wir weiter.
Kurz darauf trafen wir auf eine Frau, die in der Kälte saß, ihre Schuhe und Socken ausgezogen neben sich. Wir fragten ob sie irgendetwas bräuchte, sie schüttelte allerdings nur geistesabwesend den Kopf. Da wir niemanden unsere Hilfe aufdrängen können, wünschten wir ihr noch einen schönen Abend und setzten uns wieder ins Auto, schließlich warteten noch ein paar Anlaufpunkte auf uns.
Nachdem wir dem nächsten Menschen eine Terrine und etwas Süßes mitgegeben haben, wollte dieser noch jemandem Bescheid sagen, der den Tag über auch schon auf uns gewartet hat. Während er loslief, um ihn zu holen gingen Sabine und ich durch ein paar Nebengassen auf der Suche nach einem Herrn, dem vor ein paar Wochen die Mütze geklaut wurde, weshalb wir ihm eine neue geben wollten. Wir fanden ihn allerdings nicht, also wollten wir dem Herrn, der auf dem Weg zu uns war etwas entgegen fahren.
Als wir gerade einsteigen wollten, rief jemand im Sprint die Straße hoch nach uns. Es war der Herr, dem wir entgegenfahren wollten. Er dachte wohl, wir würden weiterfahren, ohne ihm einen Kaffee und etwas zu Essen zu geben.
Dieser Sprint zu unserm Auto, nach einem kalten, nassen und für diesen Herrn auch anstrengenden Tag fanden wir sinnbildlich für die Verzweiflung der Menschen auf der Straße. Die Sorge, wenn wir wegfahren würden, wo und wann man was zu essen herbekommt. Sicherheiten, die wir für selbstverständlich hinnehmen, indem wir die Frage mit „in meiner Küche nach der Tour“ für uns beantworten können.
Ich glaube mir geht es da wie vielen Menschen hier, ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal so meinem Essen und Trinken hinterherrennen musste.
Zeigt mir wieder, für wie viele Dinge man dankbar sein sollte. Die Selbstverständlichkeit des einen ist der Luxus des anderen.