Melancholie ist grüße dich, schön das du mir mal wieder begegnet bist….
Manchmal fährt man Touren und wundert sich, wo doch plötzlich die ganzen Menschen hin sind.
Waren es vor ein paar Tagen noch sehr viele, die unsere Teams versorgt hatten, standen wir heute gefühlt in einem leeren Raum.
Menschen, die wir trafen, berichteten uns das es irgendwie verdächtig ruhig wäre in letzter Zeit und wenn das der Fall ist, hoffen wir das alle ein Plätzchen gefunden haben und nicht irgendwo anders an Stellen liegen und frieren, die wir so noch gar nicht abgefahren sind.
Manche Dinge sind einfach manchmal sehr komisch, wobei komisch jetzt nicht mit witzig zu vergleichen ist.
Und dann fährt man manchmal Touren, die sollen eigentlich gar nicht so lange gehen, doch wenn man sich kurz um entschließt alle Städte anzufahren, die wir anfahren, dann kann es auch mal länger werden, um eben diese Stellen zu finden, die selbst für uns bisher unsichtbar blieben.
Stellen von denen wir Meldungen bekamen, die wir nicht immer auf Anhieb antreffen.
Ich bin eben neugierig und muss überall mal schauen.
Schauen wo wir noch nicht nachgeschaut hatten und da wo wir seit mehreren Tagen schauen, ob wir den jungen Mann finden, den wir suchen oder auch dort schauen, wo der ältere Herr sein soll, den wir auch irgendwie nicht finden können.
Wo wir nicht mehr schauen müssen, ist in einer Stadt des Ennepe-Ruhr-Kreises, weil nach Rücksprache mit der Polizei, wusste diese was aus der Dame geworden ist, die wir gesucht hatten oder zu mindestens wurde sie gesehen und das ist auch schonmal ein Erfolg, den wir dem Vater und dem Sohn mitteilen konnten.
Wieder zwei Seelen, die ein kleines bisschen besser schlafen können.
Und dann sitzt man im Auto, schaut sich auf einer Tour die nach Wuppertal, dann nach Hagen und dann in den Ennepe-Ruhr-Kreis führt, während man in Gespräche verfällt, die Straßen an, mustert jede Ecke und jeden Hauseingang, Haltestellen und Wiesen, Kinderspielplätze und was man noch so alles sieht, ob man dort eben jemanden sieht, dem man helfen kann.
Oftmals, gerade auch für neue Menschen, die uns begleiten, kommt es so vor, als würden wir nur durch die Gegend fahren und uns die Umgebung anschauen, doch dann irgendwann später finden sie heraus, wozu gerade diese Fahrten wichtig sind.
Noch ist es warm – es ist wirklich warm da draußen und noch kann nicht viel passieren, abgesehen davon, dass immer was passieren kann aber die Wahrscheinlichkeit ist zurzeit eben nicht sehr hoch, dass etwas passieren kann. (wow was für ein Satz)
Gerade in diesen Momenten ist es wichtig, auch mal einfach nur durch die Gegend zu fahren, um weitere Stellen kennenzulernen, um weiter aufzufallen, um weitergesehen und gesehen werden.
UNSICHTBAR eben, wir fahren nicht immer und immer wieder die gleichen Stellen an, sondern verschiedene und neue Stellen und Orte immer wieder ab.
Und dann ist es der Beifahrer oder der Fahrer – einer von Beiden ist es immer, der ein Gespräch anfängt. Hin und wieder sind diese Gespräche witzig und man freut sich das niemand irgendwo eine Kamera installiert hat, die direkt Live sendet, was definitiv manchmal peinlich wäre, bei so manch einer Ironie oder einem Sarkasmus, die erlebtes der Vergangenheit, neutralisieren will.
Aber auch Gespräche die tief gehen, die Erinnerungen wecken, vergangene Träume herbei rufen und Gespräch über die man sich irgendwie freut und ganz besonders freut für den der sie erzählt und erlebt hat, solange sie schön sind – sind sie es nicht, werden solche Gespräche dann auch manchmal sehr leise und man hört einfach nur zu – weil einfach nur zuhören, kann oftmals mehr bewegen, als ständig seinen Senf zu irgendwas dazu geben zu wollen.
Wir sprechen wir mit denen die auf der Straße leben auch tief und über vergangenes, über erlebtes und gelebtes, was diese Menschen vermissen und ab und zu dann erwischen wir uns dann selbst dabei, wenn man dann untereinander Gespräche führt, was man für sich selber, auch manchmal sehr vermisst.
Keine Tour die wir fahren ist deshalb für die Katz, jede Tour die wir fahren ist wichtig, alle Touren die wir fahren haben etwas Gutes und alles zusammen löst es auch etwas in uns aus, wenn wir uns dann über erlebtes unterhalten, über den Menschen, der sich umgebracht hat, weil er so nicht mehr leben wollte, über den, der einen Weg zurück gefunden hat oder über die, die wir wiedergefunden haben und die Angehörigen sich darüber freuen, über die, die auf der Straße leben, weil ein zurück nicht denkbar ist, über die, deren Sucht ihnen Haus und Hof gekostet hat und über die und die und die….
Und wenn wir uns über uns unterhalten, wenn wir gemeinsam lachen und wenn wir uns auch manchmal dabei erwischen, die Träume von anderen gerne auch mal wieder träumen zu dürfen, sowie es früher mal war, dann haben wir in zweierlei Richtungen Gutes getan.
Wir waren da und haben gesucht, oftmals auch gefunden und geholfen und wir waren da, und zwar für uns, wenn wir uns unterhalten haben und dabei herausfinden, dass auch wir genauso wie die Menschen auf der Straße nach Momenten der Vergangenheit süchteln, die mal gewesen sind und vielleicht ja auch mal wiederkehren werden.
Letzteres hat nichts mit dem zu tun, was wir machen?
Stimmt, hat es nicht, zeigt aber wieder einmal, selbst wenn wir so durchgeknallt sind, wie ich zum Beispiel in den letzten 4 oder 5 Tagen, (ich weiss es schon gar nicht mehr) in denen ich jede Nacht draußen war, dass wir alle aus Fleisch und Blut bestehen, alle ein Herz haben, alle helfen wollen und alle auch tief gehen können, wenn es auch mal um uns geht.
Melancholie ist grüße dich, schön das du mir mal wieder begegnet bist….