Dafür sind die Profis da

Olli und ich auf einer Tour, die eigentlich gar nicht geplant war, aber wenn wir aufeinandertreffen, sagt einer von uns beiden irgendwann:

Och eine kleine Runde geht immer!

Was dann aus einer „kleinen“ Runde wird, wird oftmals sehr lang und ist bis in den nächsten Tag dann meistens mit wenig Schlaf verbunden.
Aber am Wochenende passt das irgendwie immer perfekt und dann, wenn andere vor dem Fernseher hocken, leben wir dann UNSICHTBAR e.V.
In der Woche fahren die Teams zu den uns bekannten Stellen, um dort zu schauen, ob alles in Ordnung ist – ob es den Menschen gut geht und ob sie etwas brauchen.
Am Wochenende sind wir dann immer noch unterwegs, auch wenn schon die letzte Disco zugemacht hat und der Fahrer vom Nachtexpress, seinen Feierabend entgegenkommen sieht.
Das sind die Uhrzeiten, an denen dann kaum noch jemand auf der Straße ist und es einem so ein bisschen wie Ausgangssperre vorkommt.
Der letzte Bürgersteig wird hochgeklappt und die Städte verfallen in einen leisen Schlaf.
Für uns ist das dann ein bisschen wie Erholung und wir treffen dann auf Menschen, die wir dort draußen finden und die eigentlich wie viele andere auch schon am Schlafen sind, dann aber Motorengeräusche hören – aufstehen und sich freuen uns zu sehen.
Andere, die wir noch nicht kennen, schauen uns oftmals etwas irritiert an, suchen mit ihren Blicken irgendwo in der Stadt eine Uhr, schauen uns dann wieder an und fragen ober wir einen Schaden haben!?
Letzteres können wir eindeutig bestätigen.
Und dann sind es oftmals diese wichtigen Gespräche und der Schlaf wird oftmals vergessen und die Freude uns zu sehen wurde auch in dieser Nacht mit Worten, wie
„Auf euch kann man sich verlassen, auch wenn es gleich schon wieder hell wird. Schlafen funktioniert irgendwie besser, wenn man weiß, dass jemand schaut, ob alles in Ordnung ist“
oder
„Schön euch zu sehen, weil mit euch kann man sich ohne flipp flapp auch ernsthaft unterhalten und ihr sagt einem ins Gesicht, was ihr denkt“
„oder – oder – oder“
Und dann zu diesen Zeiten, ist es nicht die Suppe oder die frische Unterwäsche, die Süßigkeiten oder der Rucksack, der im Fahrzeug gesehen wird und den man gerne hätte, dann ist es der heiße Tee oder der heiße Kaffee, den man miteinander trinkt, um über das Leben zu reden, die Zeit – die wir uns nehmen, um über Tod und Leben zu sprechen, über Psyche und Gesundheit, über Sucht und Therapie.
Letztendlich sind das aber auch nur Gespräche und auf gar keinen Fall eine Beratung, auch nicht irgendwelche Versprechen, die man dann letztendlich nicht halten kann.
Es sind eine einfache und ehrliche Kommunikation, wie unsere Sicht auf gewisse Dinge ist, sowie diese Menschen uns ihre Sicht zu gewissen Dinge erzählen.
Geht es dann um die Wohnungssuche, um Papiere, um Konsum oder andere Dinge, sind wir dann letztendlich raus und wir verweisen an die Profis, die für genau diese Punkte in Frage kommen.
Wichtige Fragen, die entstehen und wenn Profis dann aufgesucht werden, diese helfen können und ganz wichtig, auch dürfen, um letztendlich nichts noch zu verschlimmbessern, was schon schlimm genug ist, sondern all dem durch ihre lange Berufserfahrung objektiv und professionell gegenüberstehen.
Und gerade diese Ehrlichkeit und Offenheit, wie wir mit diesen Menschen sprechen und dass wir es ihnen immer und immer wieder sagen, wo sie sich Hilfe holen „müssen“, um Hilfe zu bekommen, kommt bei diesen Menschen überwiegend sehr gut an.
Natürlich gibt es auch die, die sich an dieses Leben leider gewöhnt haben, denen die alles bekommen, wenn sie mal „piep“ sagen und denen man dadurch den Willen nimmt, ihr Leben letztendlich dann allein in den Griff zu bekommen.
Vielleicht ein Beispiel:
Stellt Euch vor, ihr würdet rauchen und auf Grund dessen, dass die Zigaretten so entsetzlich teuer geworden sind, entscheidet ihr Euch aufzuhören.
Warum?
A. Der Preis
B. Natürlich die Gesundheit
Der Wille ist da, der Kopf spielt auch schon mit und dann kommt jemand des Weges und schenkt euch einen Karton voller Zigaretten und wenn die leer sind, einen weiteren Karton u.s.w.
Was dann?
Hört ihr auf zu rauchen, weil die Dinger so teuer geworden sind?
Ich glaube nicht und die Gesundheit, die da drunter leidet – die spielt dann eine ganz andere Rolle.
Das Thema wird dann wieder interessant, wenn einem irgendwann die Luft wegbleibt – doch dann ist es oftmals zu spät aber die Kartons kommen regelmäßig weiter.
Letztendlich hilft das dann nur niemandem mehr.
Wunschzettel gibt es bei uns nicht, Wege zu Kleiderkammern, Beratungsstellen etc. versperren wir niemanden. Wir sind die, die für den Augenblick helfen, die nichts versprechen und die nach denen, für den Moment schauen, dann wenn andere bereits tief und feste schlafen.
…schrieb einer von denen, die einen Schaden haben und der sich nun erneut auf den Weg zu denen macht, die dort draußen auf der Straße leben. 🙂