Setzt euch für einen Augenblick zu uns an den Teich
Dein Leben ist schön und du hast lange dafür gearbeitet, dass alles so wird, wie du es dir vorgestellt hast.
Deine Selbstständigkeit hat dir viel genommen, aber sie hat dir auch viel gegeben.
Wenn du zurückblickst, schaust du auf ein Leben zurück, dass es immer gut mit dir meinte und du denkst an die Reise nach Australien, mit der du dir einen Traum erfüllt hast.
Zwei Jahre lang, hast du dir damals eine Auszeit genommen. Warum auch nicht, die Geschäfte liefen ja prima und das musste einfach mal sein.
Dann schaust du in den Himmel, siehst die vielen Sterne und erinnerst dich, an all die schönen Abende mit Freunden auf deiner Terrasse, vor deinem Haus, hier gleich um die Ecke und als irgendjemand mal auf die verrückte Idee kam, einen riesigen Teich auszubaggern, warst du der Erste, der das sofort in die Tat umsetzte.
Freunde waren dir wichtiger als vieles andere, manchmal sogar wichtiger als du dir selbst. Wenn irgendwo Hilfe gebraucht wurde, warst du der Erste, der „hier“ schrie.
Dann lerntest du zu all deinem Glück auch noch die Frau kennen, nach der du dich so lange gesehnt hast und die Welt stand plötzlich still, deine Farben erblassten und es wurde leise um dich herum.
Die Menschen sprachen hinter deinem Rücken, die Frau die dir wie ein Engel erschien, entfachte sich zu einem Drachen, der einzig und allein, nur eines wollte und das war dein Geld und um das zu bekommen, machte sie vor nichts Halt.
Deine Freunde distanzierten sich von dir, deine Kunden blieben aus, der Alkohol zog bei dir ein und dort, wo du noch vor kurzer Zeit mit all denen gesessen hattest, die dir so lieb waren, dort saß nun nur noch einer.
Du selbst mit einer fast leeren Flasche Wodka in der Hand, der du erzähltest, dass es wohl der letzte Abend sein wird, der dir diesen Anblick schenken würde.
Denn selbst wenn diese Geschichte auch nur kurz geschrieben ist, hatte sie einen langen Weg gebraucht, um für den Menschen, der sie erlebt hat, an einem bestimmten Punkt festzustellen, dass er hier und jetzt alles verloren hatte.
Er schaute uns an und fragte uns, ob man diesen Weg vielleicht auch gehen muss, wenn man eigentlich schon alles hatte. Ob man ihn gehen muss, um zu verstehen, dass es auch anders sein kann, ob man einem erst alles nehmen muss, um zu erfahren, dass ein Schlafsack und ein Kissen, mehr bedeuten kann als die Welt, aus der er kommt.
Er schaute auf seinen Schlafsack und auf sein Kissen – dass er sich aus einer Decke und unserem TOM gebaut hatte und schaut uns erneut an.
Ich glaube, dass ich diesen Weg gehen muss, ich weiß zwar noch nicht, warum, aber ich glaube einfach daran, dass das so sein muss und wenn es nicht so sein soll, dann erklärt mir bitte, warum es dann so ist.
Wir standen vor ihm und Olli und mir viel nicht viel da drauf ein – wir hatten keine Antwort für ihn und fragten, ob er denn keine Hilfe von seinen Freunden bekommen könnte.
Er schaut uns an, kratzte sich an seinem Bauch, der durch sein offenes Hemd frei lag und sagte:
Sie gehen an mir vorbei und sie sehen mich noch nicht einmal. Selbst wenn ich sie bei Namen nenne und ihnen die Hand reiche – sie schauen durch mich hindurch, so – als hätte man sich nie gekannt.
Unser Weg führte uns durch verschiedene Städte, in denen wir auch heute Nacht wieder einmal helfen durften, doch dieser Herr – nach dem wir zum Ende unserer Tour noch einmal schauten, hinterließ Spuren in uns, über die wir, wie bei vielen anderen Geschichten auch, die uns erzählt werden, erst einmal eine Zeit brauchen werden, um uns all das vorstellen zu können.
In Gedanken werden wir wohl noch einige Zeit mit ihm an seinem Teich sitzen und uns fragen, was alles passieren kann, dass sich eine Welt in so kurzer Zeit, so sehr verändern kann.
Setzt euch für einen Augenblick zu uns an den Teich und lasst uns gemeinsam darüber nachdenken, dass eine rosa Welt, auch plötzlich grau und kalt werden kann.
In diesem Sinne, passt alle gut auf euch auf!