Der alte Mann und sein Alex
Nachdem der Schnee dann mal die Güte hatte um dem ganzen Chaos ein Ende zu setzen, sich in Wasser verwandelt hatte und in Richtung Kanalisation geflossen war, konnten wir dann unseren Weg auch wieder dahin freischaufeln, wo wir im Winter unterwegs sind – auf die Straße.
Gestern – als ich durch die Stadt ging, viel mir ein Herr auf, der sich an einer Wand anlehnte und auf einer Decke saß, neben ihm lag sein Rucksack und da drunter war scheinbar etwas versteckt.
Als ich auf ihn zuging, bewegte sich sein Rucksack plötzlich und ehrlich gesagt, es war ein bisschen unheimlich.
Der ältere Herr schaute mich an, ich lächelte ihn an und in diesem Augenblick lächelte er zurück.
Darf ich mich einen Moment dazu setzen, fragte ich und seine Augen wurden größer – hier sind doch alles Sitzbänke, warum ich mich gerade zu ihm auf den kalten und nassen Boden setzen wollte, fragte er.
Ich schaute ihn an und sagte, auf den Bänken sitzen keine Menschen, mit denen ich mich gerne unterhalten würde aber mit ihm würde ich mehr gerne unterhalten.
Der Rucksack wackelte immer noch irgendwie merkwürdig.
Na dann sagte er, setzen sie sich wenigstens auf eine Decke – er stupste den Rucksack zu Seite und machte mir Platz.
Nicht erschrecken meinte er, unter dem Rucksack liegt mein Freund, dem ist kalt.
Sein Freund unter dem Rucksack – ich schaute ihn an und sagte, ja dann setze ich mich zu Euch beiden.
Kaum saß ich, legte sich eine Fellnase auf meinen Oberschenkel und schaute von unten nach oben.
Zugegeben ich habe mich etwas erschrocken, denn das was mich da ansah, sah aus wie mein eigener Hund, der jedoch lag zu diesem Zeitpunkt zu Hause in seinem Körbchen und schlief oder auch nicht, so genau weiß man ja nicht, was zu Hause passiert, wenn man mal nicht da ist.
Er stupste mich an und sagte, das ist Alex – er habe ihn so genannt, weil er mal einen Freund gehabt hätte, der vor zwei Jahren leider auf der Straße verstorben wäre und Alex hieß.
Hallo Alex, sagte ich und merkte deutlich wie die Kälte durch beide hindurch huschte.
Ja dann stelle ich mich jetzt auch mal vor sagte ich, mein Name ist Holger und bevor wir jetzt ins Gespräch kommen, würde ich gerne nochmal kurz verschwinden und mich um ein paar Kleinigkeiten kümmern – nicht weglaufen sagte ich, ich bin gleich wieder da.
Reisende soll man nicht aufhalten, sagte der Herr.
Eine Frage hätte ich da noch, sagte ich zu ihm, verraten Sie mir ihre Schuhgröße?
Wenn sie nicht auch noch meine nicht vorhandene Kontonummer wissen möchten, na klar 45 ist die Größe, warum auch immer sie das wissen wollen.
Ich versprach ihm, in ca. 30 Minuten wieder da zu sein, ob er hier warten würde.
Ja in 30 Minuten habe er keinen Termin mehr, sagte er und schmunzelte ein wenig, er würde dort sitzen bleiben.
Ich nahm Kurs auf einen Schuhladen und danach ging ich in eine Zoohandlung und kaufte ein paar Kleinigkeiten für Alex.
Nach ungefähr 40 Minuten kam ich zurück und bekam gleich einen Spruch ab.
Pünktlichkeit ist auch nicht ihr liebstes Hobby oder?
Er schaute mich an und man merkte deutlich, dass er sich am liebsten auf die Zunge gebissen hätte und ich fing an zu lachen und sagte.
Ach die Zeit, was spielt die Zeit für eine Rolle – der Weihnachtsmann ist auch nicht immer pünktlich und zog ein paar neue Schuhe aus der Tasche, reichte ihm diese und sagte.
Ich glaube diese hier sind eindeutig besser, als die kaputten die sie tragen.
Aber…. Fing er an – kein aber sagte ich, ist es die falsche Farbe?
Er schaute mich an und sagte, selbst wenn sie grün kariert wären, er wüsste gar nicht was er sagen sollte, endlich würden seine Füße wieder warm werden.
Dann hob ich den Rucksack etwas hoch und Alex schaute mich zittern an.
Bekommt Alex jetzt auch neue Schuhe, fragte der Herr!?
Nein viel besser, sagte ich – Alex bekommt jetzt erstmal etwas was zum Anziehen und einen Beutel Leckerchen und ganz viel Fressen.
Ich überreichte ihm ein paar Dosen Hundefutter und etwas Melkfett, für die Pfoten von Alex und dann schnappte ich mir Alex, um ihn ein Art Decke über den Rücken anzuziehen.
Mein Hund hätte mich wahrscheinlich tagelang nicht mehr angeschaut aber Alex schien es zu gefallen.
Ein weiterer Griff in die Tasche und ich gab dem Herrn einen Döner, etwas zu trinken und zwei Becher mit warmen Kaffee hatte ich auch noch dabei, setzte mich wieder zu den beiden hin und sprach noch eine ganze Weile mit ihm und kraulte Alex dabei.
Weihnachten ist doch noch gar nicht, sagte er mir.
Weihnachten ist eigentlich jeden Tag, sagte ich – nur im Dezember kennt diesen Tag jeder Mensch, an allen anderen Tagen ist er für viele von ihnen unsichtbar.
Er wüsste gar nicht wie er sich bedanken sollte, er habe ja nichts.
Das Leuchten in seinen Augen und auch das strahlen in den Augen von Alex, würde mehr als genug sein.
Irgendwann als ich dann gehen wollte, gab ich dem Herrn noch eine TOM – hier sagte ich, neue Unterwäsche und wenn mal was ist, meine Nummer steht auf der Tasche.
Er schaute mich an und wünschte mir einen wunderschönen Tag, schaute auf die Tasche und sagte zu Alex.
Wir beide sind etwas Besonderes, nun haben wir die Telefonnummer vom Weihnachtsmann.