Holger auf Meldetour
Holger schreibt…
Im Auto wird es endlich warm – muckelig sogar. Zeit wurde es, denke ich, während ich mich der Meldung nähere, die mich kurz nach halb eins erreicht hat.
Als ich ankomme, sehe ich einen älteren Herrn mit seinem Hund. Er winkt mir entgegen und erklärt mir entschuldigend, dass der Mann, um den es ging, bereits verschwunden sei. „Tut mir leid, dass Sie den Weg umsonst gemacht haben.“
„Macht doch nichts“, sage ich. „Vielleicht wäre ja jemand da gewesen, der unsere Hilfe braucht.“
Er lächelt vorsichtig und fragt, ob ich bei der Kälte einen Tee möchte. Vielleicht auch ein Stück Kuchen?
Ich höre kurz auf mein Bauchgefühl und sage ja – den Kuchen lasse ich aber um die Uhrzeit lieber liegen.
Der Tee war gut, und es stellte sich heraus, dass der Herr einiges zu erzählen hatte. Er sprach von seiner verstorbenen Frau, vom Krieg und von einer Liebe, die nie endet. Von all den Dingen, die man im Leben schätzen soll. Dann kam er wieder auf den Krieg zu sprechen, und auf die Gegenwart, die so schnell vorbei sein kann.
Es gab Redebedarf, und ich saß einfach da, hörte zu, den kleinen Hund auf meinem Schoß. Der Hund rollte sich ein und ließ sich den Bauch kraulen.
„Ich glaube, er mag Sie“, sagte der alte Herr leise und lächelte. Vielleicht sieht man sich wieder. Vielleicht gibt’s nochmal einen Tee – und was vielleicht ist und was vielleicht wird, das wird sich zeigen, wenn es soweit ist.
Ich fahre weiter. Die Wärme im Auto ist längst verschwunden, auf mysteriöse Weise mitgenommen, und ich stelle die Heizung wieder an. Doch irgendwann fällt mir ein Mann auf, der am Straßenrand liegt, dünn bekleidet, in einem schlaffen Schlafsack, der im leichten Wind flattert.
Es hat kaum ein Grad draußen. Noch fühle ich die Restwärme vom Auto, aber wie kalt muss es für den Mann sein? Ich weiß, dass die Menschen auf der Straße hart im Nehmen sind. Doch wer bei diesen Temperaturen auf der Erde liegt und die Kälte nicht mehr spürt, ist entweder erschöpft – oder schlimmeres.
Er war es zum Glück nicht. Ich konnte ihm eine Isomatte, einen Schlafsack und zwei Flaschen Wasser geben, bevor ich weiterzog. Meine letzte Station, und so brachte mich die Wärme des Autos schließlich nach Hause. Meine Gedanken aber blieben bei dem alten Mann mit dem Hund – und bei dem, der auf der Straße schläft.
Zwei Menschen, jeder auf seine Weise allein und traurig. Als ich genauer hinschaute, hatte ich das Gefühl, dass beide dieselbe Frage mit sich trugen: „Was vielleicht ist und was vielleicht wird, das werden wir sehen, wenn es soweit ist.“
Gute Nacht, Welt.
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