Der Rollstuhlfahrer
28.12.2019, Bochum 0 Grad, die Kälte zieht sich durch alle Kleidungsstücke.
Mandy ist total am frieren.
Durch die Schuhe in den Körper zieht die Kälte, mir ist furchtbar kalt, sagt sie und den anderen wird es nicht besser gehen.
Die anderen aus dem UNSICHTBAR e. V. Team
Die liebe Doro, die liebe Sabine, und die liebe Claudia und als Gast dabei der Ehemann von Mandy, der Michael.
Euch allen an der Stelle herzlichen Dank, dass ihr da wart, wo Hilfe gebraucht wird und heute noch mehr nötig war, als noch vor wenigen Tagen.
Ich bin mega stolz auf euch, dass ihr mit so sehr viel Herz dabei seid und eure freundliche Art und Weise auf diese Menschen, die wir immer besuchen, überträgt.
Aber wir alle sind auch nur Menschen und manchmal platzt einem auf mal der Kamm.
Dürfen wir auch schreiben, was deutlich schief läuft?
Ja umbedingt, dass ist ein weiterer Punkt, den UNSICHTBAR e. V. ausmacht.
Wenn was nicht passt, dann muss das gesagt werden und HALLO?
Beleidigen lassen wir uns nicht, da steht dann noch eine offizielle Endschuldigung aus.
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Zum Verständnis des Textes, den Bericht hat Mandy mir zukommen lassen und ja er ist lang aber manchmal geht es nicht anders, besonders nicht in solch einem Fall.
Die mit ***. markierten Zusätze *** stammen von mir, um manches noch etwas zu verdeutlichen.
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Aber lest selbst
Wir waren heute da um Tee,Toms und Süßigkeiten zu verteilen.
Eigentlich.
Zu Beginn sind Sabine, Doro, Claudia und ich eine Runde durch den Bahnhof gelaufen um uns einen Überblick zu verschaffen.
Dabei trafen wir auch eine obdachlose Dame die wir erstmal mit zum Auto nahmen und sie durfte sich Süßigkeiten aussuchen und bekam einen Tom.
Dabei viel uns ein älterer Herr in einem Rollstuhl auf. Er war offensichtlich sehr am frieren. Er erzählte uns, dass er aus den Niederlanden kommt. Keine Papiere, keine Klamotten. Er hat nur sich und seinen Rollstuhl. Daraufhin haben wir erstmal einen Schlafsack zu einer Decke umfunktioniert und ihn warm eingepackt.
Wir gaben ihm einen warmen Tee und er weinte vor Freude.
Er erzählte uns, dass er eigentlich zu einer Unterkunft nach Herne fahren wollte, allerdings sind alle Fahrstühle in dem U-Bahn Bereich defekt. Mit Rollstuhl also keine Chance die langen Treppen zu überwinden.
Er ist kürzlich mit dem Rollstuhl gestürzt und hatte auch noch die Hände verletzt. Schnell war uns allen klar, er kann bei den Minusgraden nicht hier zurück bleiben.
Also hin und her überlegt und telefoniert ohne Ende. Dann endlich die Nummer der zuständigen Obdachlosen Unterkunft. Sabine rief dort an, schilderte die Sachlage und ihr wurde mitgeteilt, dass er mit Rollstuhl nicht kommen darf.
In einem äußerst unfreundlichen Ton!
*** Zitat vom 12. November 2018 ***
Quelle: https://www.bochum.de//Pressemeldungen/November/Neues-Fliednerhaus-oeffnet-fuer-wohnungslose-Uebernachtungsgaeste
„Sie haben von dort zudem nur wenige Schritte zu den zwei Übernachtungszimmern für Behinderte und zu dem Genesungszimmer für kranke Schlafgäste auf dem gegenüberliegenden Flur. Diese Einzelzimmer haben ähnlich wie im Krankenhaus unter anderem einen Notruf im Zimmer….. “
*** Zitat Ende ***
Also riefen wir die Feuerwehr, denn der Herr war eiskalt und konnte definitiv nicht die Nacht draußen verbringen. Hilflos an den Rollstuhl gefesselt mit Verletzungen an den Händen.
Die zwei sehr hilfsbereiten Sanitäter der Feuerwehr Bochum gaben uns schon mal Wärmedecken und teilten uns ebenfalls mit, dass die bereits kontaktierte Unterkunft zuständig ist und der Herr dorthin muss.
*** Vielen herzlichen Dank an dieser Stelle an die Feuerwehr Bochum, ihr habt ein tolles großes Herz. ***
Also rief ich nochmal an, schilderte die Sachlage erneut…
Er fragte mich ob der Herr denn ausgekühlt wäre?
Ich habe ihm erklärt, dass der Herr eiskalt ist, die Nacht aber noch lang ist und wir ihn dort nicht zurück lassen möchten.
Er antwortete mit, ,,Sind Sie bescheuert“? Nach einer sehr unfreundlichen Diskussion, (wo der Herr von der Unterkunft mich durchs Telefon anbrüllte) hat er aber zugestimmt, dass wir den Herrn bringen dürfen .
*** Zur Kenntnisnahme: Unsere freiwilligen Helfer und auch die Feuerwehr, bekam das Gespräch mit, weil es nicht zu überhören war ***
Also haben wir ein Großraum Taxi mit Rollstuhlrampe geordert.
*** Danke an den freundlichen Fahrer des Unternehmens Taxi Kröger aus Bochum, da ist der Kunde noch König, selbst wenn er obdachlos ist. Herzlichen Dank ***
An der Unterkunft angekommen, öffnete uns ein Mann die Tür, Michael fragte ihn, ob er gerade mit uns telefoniert hatte.
Er sagte, mit ihnen habe ich nicht telefoniert.
Dann sagte Michael, ja aber mit meiner Frau.
Er sagte erneut unfreundlich, mit ihnen habe ich nicht telefoniert…
In der Zwischenzeit war der Herr aus dem Großraumtaxi raus und ich schob ihn zur Tür, Doro wollte die Tür aufhalten und wurde prompt vom Mann aus der Unterkunft angeschrien, dass sie nicht rein kommen dürfe und zack war der obdachlose Herr drin und die Tür zu.
Wir hatten kein gutes Gefühl den Herrn in dieser Unterkunft zu lassen. Ich denke wir sind heute alle mit Bauchschmerzen heim gefahren.
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So und nun zu dem ganzen Vorfall.
Auch mir, selbst wenn ich nicht dabei gewesen bin, liegt das Ganze sehr am Herzen.
Wenn unsere freundlichen und herzlichen ehrenamtlichen Helfer schon so von dem hiesigen Personal angegangen werden, dann frage ich mich, wie die obdachlosen Menschen dort behandelt werden?
Selbst wenn es ein Einzelfall sein sollte, liebe Stadt Bochum, die diese Unterkunft in Auftrag gegeben hat, selbst ein Einzelfall darf es nicht geben und man sollte bei der Wahl der Mitarbeiter, die in einem so sensiblen Bereich arbeiten, schon auf gewisse Dinge achten.
Ganz besonders auf Freundlichkeit und Mitgefühl, was diesem Mitarbeiter anscheinend gefehlt hat.
Danke an alle Menschen, meinem wundervollen Team, an die Feuerwehr und auch an das Taxi Unternehmen (wow ihr habt echt stolze Preise ?) die sich um all das gewesende heute Abend gekümmert haben.
Ich hoffe dem obdachlosen Herrn geht es gut. ?
Holger Brandenburg
UNSICHTBAR e. V.
www.unsichtbar-ev.de
#fwbo #bochum