Armut darf nicht arm an Mut machen.
Wir von UNSICHTBAR e.V. mal in Zahlen und wieviel Menschen wir dort draußen in der Nacht begegnen, über den Weg laufen und namentlich kennen und wie wir über all das Denken.
Die Zeiten, in denen man gehofft hat, dass die Zahl der Menschen auf der Straße zurückgeht sind vorerst vorbei, denn es werden nicht weniger, sondern von Tag zu Tag mehr.
Corona hat seinen Teil dazu beigetragen und die Energiekrise und die Inflation gibt dem Ganzen jetzt auch noch den Rest.
Alles wird sündhaft teuer und die, die bisher wenig hatten, denen bleibt am Monatsende noch weniger als zu den Zeiten, in denen es ihnen auch schon nicht gut ging.
Irgendwie hat man das Gefühl, dass der Mensch an sich nichts mehr wert ist, sondern nur noch Zahlen, Krieg und Terror die diese Welt beherrschen.
„Die Menschen werden vergessen, was du gesagt hast, die Menschen werden vergessen, was du getan hast, aber die Menschen werden nie vergessen, wie du sie hast fühlen lassen.“ — Bob Marley
Familien, Alleinerziehende, Senioren, Alleinlebende, Kranke und auch Menschen mit einem Handicap gehen in dieser Welt nicht nur langsam unter, sondern landen immer und immer mehr auf der Straße.
In Großstätten wie Hamburg, Berlin oder auch München, gehen Menschen am Tag zur Arbeit und leben in der Nacht unter Brücken, weil die Mieten nicht mehr zu bezahlen sind oder weil es einfach keinen Wohnraum mehr gibt.
Andere fliehen von zu Hause, weil die häusliche Gewalt immer mehr und mehr zunimmt und ein Leben auf der Straße scheinbar besser ist als das in der eigenen Wohnung, als Opfer.
Mütter mit ihren Kindern leben auf der Straße, junge Menschen laufen von zu Hause weg, weil sie den ständigen Streit ihrer Eltern nicht mehr ertragen können, weil sie denken eine Belastung zu sein, weil alles anders ist und nichts mehr so ist, wie es einmal war.
Armut darf nicht arm an Mut machen.
Gerhard Uhlenbruck (*1929), deutscher Immunbiologe und Aphoristiker
Doch gerade diesen Mut verlieren immer mehr Menschen und sterben dadurch jeden Tag ein bisschen mehr, wenn es darum geht, zu wissen, was Leben heißt und einmal diesen Faden verloren, grenzt es schon ein bisschen, als wäre man Abhängig von dieser Fassungslosigkeit.
Der Gedanke man hat nichts mehr und es geht auch nicht mehr voran, lässt sich viele von ihnen an dieser Fassungslosigkeit aufhängen, denn wenn es scheinbar nichts mehr zu geben scheint und auch die Hoffnung auf besser Tage mittlerweile abhandengekommen ist, dann bleibt eben nur noch diese Fassungslosigkeit, dass man sich in einem Loch seiner eigenen Gedanken vergräbt, macht die Augen zu und reagiert kaum noch auf irgendwas und dann kommt das Leben vorbei und gibt ihnen den Rest.
Obdachlosigkeit
Kaum aber irgendwer fragt diese Menschen, warum sie auf der Straße leben, viele werden einfach in eine Schublade geschoben, so ähnlich drückte es Janita J. – die selber 14 Jahre drogenabhängig und obdachlos auf der Straße lebte in ihrem Blog (https://janitas-blog.jimdofree.com/) aus.
Auszug:
Etwas weniger Schubladen in unserem Denken tut uns allen gut.
Würden uns auch offener in Begegnungen machen, mit Menschen, die wir sonst nur von außen beurteilen, aber gar nicht von innen kennen.Glaubt mir Begegnungen mit dem Unerwarteten daraus entstehen großartige Dinge.
Letztendlich müssen wir alle von diesem Schubladendenken weg und wir die es noch können, unsere Augen öffnen und die sehen, denen es jetzt besonders schlecht geht und eines sollte jedem von uns bewusst sein – es sind nicht nur die – die es schon „erwischt“ es geht hier auch um alle anderen.
Denn Obdachlosigkeit kann jeden treffen – dich, mich und all die anderen, die davon nichts wissen wollen, weil sie glauben, dass es sie nichts angeht.
In den Städten, in denen wir in die Nacht fahren und das bis morgens um 05:00 Uhr, kommt es uns mittlerweile wie eine Flutwelle vor, wenn wir diese scheinbaren und unaufhörlichen steigenden Zahlen derer die auf der Straße leben oder landen,
Alleine in Hagen sind uns mittlerweile 59 obdachlose Menschen namentlich bekannt und in Wuppertal sind es 68 und das sind nicht die, die in Notunterkünften leben, sondern die, die sich keine Sorge über eine kalte Wohnung auf Grund der Energiekrise machen müssen, weil sie eben gar keine haben.
Das sind die, die auf dem nackten Beton schlafen und das sind die, die vergessen werden, weil der Mensch selbst mittlerweile nichts mehr wert ist.
Noch vor etwa drei Monaten kannten wir die Hälfte von denen, die uns bis zum heutigen Tag bekannt sind und ja wir haben alle in gewisser Maßen Angst davor was noch so alles kommt aber was mir persönlich noch vielmehr Angst bereitet, ist das wir uns alle vergessen werden und irgendwann niemand mehr auf den anderen achten wird, sondern nur noch auf sich selbst und dass wir in den Nächten des kommenenden Winters, bei der Anzahl dieser „Flutwelle“, auch Situationen erleben werden, in denen wir dann Menschen begegnen, deren Mut sie komplett verlassen hat und die dann sterben aber nicht nur noch jeden Tag ein bisschen, sondern versterben und dann endgültig gestorben sind, oftmals alleine, oftmals qualvoll, einsam und verlassen – weil der Mut zu leben sich in Luft aufgelöst hat, die Einsamkeit sie aufgefressen hat und die Sorgen sie verschlungen haben und ganz schlimm, weil sie einfach vergessen wurden.