Auf unserem weiteren Weg
Wir (Björn und Sabine) fuhren erst einmal durch Wuppertal, um Ausschau nach Menschen ohne Bleibe zu halten. Bevor wir Plätze anfahren, wo wir wissen, wir stoßen auf bekannte und auch oftmals auf neue Gesichter, fahren wir meistens einfach durch die Gegend, um uns zu vergewissern, dass dort niemand ist, der unsere Hilfe benötigt. Neue Gesichter sollten wir in dieser Nacht einige kennen lernen. Aber das wussten wir zu dem Zeitpunkt noch nicht.
Beim Überfahren einer großen Kreuzung sah Björn jemanden mit beiden Armen winken. Zum Glück sind unsere Vereinsautos ja leicht zu erkennen, so dass uns unser Bekannter gleich gesehen hatte. Also schnell noch die Fahrspur gewechselt und zu ihm gefahren. Er freute sich sehr uns zu sehen. Wir uns aber auch. Er lebt schon seit einiger Zeit immer wieder auf der Straße. Es gibt eine schwierige Beziehung in seinem Leben mit einer Frau. Mal läuft es halbwegs gut, dann wieder gar nicht. Mal kann er bei ihr schlafen, dann gibt es schlimmen Streit und er ist wieder dort, wo er immer wieder landet. Auf der Straße. Es spielen Drogen eine Rolle und das macht es schwer. Nun plant er eine Entgiftung und hofft, dass sich damit alles stabilisiert. Aber erstmal ist er nun wieder ohne Dach über dem Kopf. Er fragte nach einem Zelt und einer Isomatte. Einen Schlafsack hatte er noch von uns. Wir hatten beides dabei und nun wollte er sich einen Platz suchen. Einen Ort, wo er etwas zur Ruhe kommen kann umso vielleicht seine Gedanken zu sortieren. Wir wünschten ihm, dass er es in baldiger Zukunft schafft diesem Teufelskreis zu entkommen.
Nachdem wir uns verabschiedeten, ging es für uns weiter.
In den Randgebieten trafen wir niemanden mehr an. Also fuhren wir zu einem Platz, wo wir meistens einen guten Bekannten treffen. Und er war auch da und sagte als erstes: „Gerade an euch gedacht. Ich habe so Hunger.“ Daran konnten wir was ändern und es gab erstmal eine warme Terrine und dann noch einen heißen Kaffee. Das Plaudern kam auch nicht zu kurz. Es war schön ihn so munter anzutreffen. Die letzten Male ging es ihm leider gar nicht gut und das macht uns natürlich auch Sorgen.
Auf dem Weg zu unserem nächsten Stopp wieder winkende Arme. Auch hier war der Hunger groß. Als wir den Bekannten versorgten, kamen drei Menschen zu uns. Sie sagten, sie hätten schon von uns gehört und freuten sich, uns nun auch zu sehen. Alle drei obdachlos. Mal schlafen sie hier, mal dort. Zwei Männer und eine Frau. Sie noch dazu körperlich eingeschränkt. Sie waren sehr zurückhaltend und vorsichtig. Einen Kaffee würden sie gerne haben und vielleicht etwas Warmes für den Magen. Eine unserer leichtesten Übungen. Wir unterhielten uns etwas, aber man merkte, sie brauchen noch Zeit. Zeit, um Vertrauen aufzubauen.
Auf dem weiteren Weg sahen wir zwei Herren mit Rucksäcken und hielten an, um zu fragen, ob sie Hilfe benötigen. Sie waren ganz erstaunt. Hatten noch nie von uns gehört. Wir erklärten wer wir sind und was wir so mitten in der Nacht machen. Ein Kaffee wäre großartig und vielleicht noch eine Terrine, wenn möglich. Klar war das möglich und was Süßes gab es auch noch dazu.
An dem nächsten Platz trafen wir auf einen weiteren Bekannten. Er hat in der letzten Zeit starke körperliche Beschwerden. Uns fiel sofort auf, dass er in dieser Nacht Sprachschwierigkeiten hatte. Auf Nachfrage sagte er uns, es wäre alles ok und er benötigt aktuell keinen Arzt. Auch unsere kritischen und sorgenvollen Blicke änderten nichts daran. Kaffee, Terrine und ein kaltes Getränk wären gut. Damit wäre er dann zufrieden. Und dann wollte er sich schlafen legen und am Morgen würde es schon wieder gut sein. Wir haben ihm noch das Versprechen abgenommen einen Krankenwagen zu rufen, wenn er merkt, es geht ihm schlechter.
Auf unserem weiteren Weg trafen wir noch einige Menschen von der Straße, denen wir helfen konnten.
Es war eine anstrengende Nacht, aber sie war gut. Gut, weil wir vor Ort waren bei denen, die unsere Hilfe brauchten.