Frauenpower

Karin schreibt…

Heute Abend mal wieder Frauenpower hoch 3!

Außer Susanne fährt heute mit mir (Karin) wieder das Schnüffelmitglied Ute mit. Wir überlegen kurz und sind uns einig: Wir steuern das Bergische Land an. „Rudi“ treffen wir nicht an – aber er ist ja viel unterwegs und der Platz sieht aus wie immer, so dass ich mir keine Sorgen mache.

Beim nächsten Treffpunkt sieht es ganz anders aus – hier trudeln nach und nach über 20 Menschen ein, um die wir uns kümmern dürfen. Da wir zu dritt unterwegs sind, ist das eine oder andere etwas längere Gespräch bei so großem Andrang möglich. Das ist halt der Vorteil, wenn man auf der Suche nach einzelnen, sich eher verkriechenden Menschen ist – dann sind wir nur für diesen Menschen da und haben Zeit für seine Geschichte. Wenn er sie denn erzählen oder auch einfach nur reden möchte…

Es finden auch einige Frauen zu uns. Sie beschäftigen mich immer sehr, denn sie sind auf der Straße besonders gefährdet. Auch auf der Straße und unter obdachlosen Menschen gibt es sexuelle Übergriffe. Und auch das ist kein angenehmes, aber leider sehr reales Thema: Survival sex (Überlebensprostitution). Eine Nacht im Warmen, duschen, essen => Sex. Diese Vorstellung ist furchtbar. Furchtbar real.

Wir fahren durch die Fußgängerzone, als mich ein Anruf von Holger erreicht mit einer Meldung: Ein obdachloser Herr hat uns im Vorbeifahren gesehen und erkannt und er braucht Hilfe. Aufgrund der Ortsangabe finden wir ihn sehr schnell. Er braucht etwas zu essen, zu trinken – aber er muss reden – und wir hören ihm fassungslos zu. Er hat so viel zu berichten, es ist so viel Unbegreifliches passiert, was er bei Ämtern erlebt hat – das macht einfach sprachlos. Holger gibt eine weitere Meldung durch (wieder ein Herr, der unseren Kangoo im Vorbeifahren erkannt hat) – aber ich entscheide, diesem Menschen zunächst noch etwas weiter zuzuhören. Der Drang, alles rauszulassen, mit Tränen begleitet – wir sind einfach DA.
Irgendwann ist er fast leer, hat das Schlimmste loswerden können. Ich danke ihm jetzt an dieser Stelle – falls er es lesen sollte – für sein Vertrauen und ich hoffe, dass wir uns wiedersehen. Nein – ich bin sicher.

Holgers letzte Meldung erledigen wir anschließend – es wird ein Handy benötigt. Hört sich locker an – ist aber aufgrund von Sprachbarrieren dann doch nicht so einfach. Das stemmen wir locker und das frisch geladene Handy wird übergeben.

Auf der Rückfahrt gibt es viel über das Erlebte zu reden. Das ist das Gute: Dass wir nach einer Tour gemeinsam reflektieren können. Wir sind nicht allein.
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EHRENAMT BEI UNSICHTBAR e. V.
Das Ehrenamt bei UNSICHTBAR e. V. besteht nicht ausschließlich aus der Arbeit auf der Straße. Bring dich zum Beispiel in der Fahrzeugpflege mit ein, sortiere, packe und waschen und reinige regelmäßig unsere Fahrzeuge, denn auch das ist eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe.
Werde Teil von etwas Großem – werde ein Teil von UNSICHTBAR e. V.“