Ein Freund
Wenn die Psyche mal so richtig Samba mit dir tanzt.
Oftmals fragen wir uns, woran es denn liegen könnte, dass sich zahlreiche Menschen eben nicht melden, wenn ihnen das Wasser bis zum Hals steht, wenn es kurz vor zwölf ist und der Glockenschlag nur noch wenige Augenblicke auf sich warten lässt!?
Ich glaube, die Antwort habe ich heute bekommen.
Als ich vorhin auf dem Weg zu einer Familie war, die sich bei uns gemeldet hatte und der wir etwas Gutes tun durften, rief ich auf dem Weg dahin einen Freund an.
Jemand dem es nicht immer gut ging in seinem Leben, der die Farbe schwarz, bildlich gesehen, von klein an auf den Kopf tätowiert bekommen hatte – quasi das schwarze Schaf für alle war, wenn es darum ging einen Dummen zu suchen.
Egal was er in seinem Leben machte, ob es jetzt gut war oder eben nicht so gut – letztendlich war er immer der Dumme.
Sowas geht irgendwann auf die Physche, weil der Koffer einfach voll ist und man um so mehr man Sprüche bekommt, attackiert mit Vorwürfen wird, von der Familie ausgesondert wird, irgendwann – all das nicht mehr verarbeiten kann.
In seinem Fall, war es der Alkohol, der zu seinem Verbündeten wurde und ihn für einen Augenblick verstand, doch auch diese Hilfe, wendete sich, wie all zu oft, irgendwann gegen ihn und wiedermal wurde aus etwas scheinbar „gutem“ etwas schlimmes, gruseliges und definitiv nichts freundliches.
Da waren sie dann wieder die Probleme.
Auf Menschen konnte er schon lange nicht mehr vertrauen, denn die nutzten ihn entweder aus oder belügten ihn oder behandelten ihn letztendlich wie einen Aschenbecher.
Glut ausdrücken, wegschmeißen.
Und Freund Alkohol, der ihn anfangs zu vergessen hielf, wendete sich dann auch noch gegen ihn, half ihm nur noch soweit, dass er irgendwann nicht mehr denken konnte, je nach Pegel, den er erreichte aber vergessen, konnte er auch nichts mehr und auf der Suche, nach dem ersten Erfahrungen, als Freund Alkohol und er sich noch dutzend, verlor er auch was das anging, den Glauben daran, denn dieser Moment wurde nie wieder gefunden.
Ende des Liedes war eine nach aussen schöne Welt und innerlich entstand ein Meer aus Traurigkeit, Hilflosigkeit und Enttäuschungen, ein Meer in dem irgendwann niemand mehr schwimmen hätte können, ohne irgendwann vollkommen unterzugehen.
Da helfen dann vielleicht Ärzte, immer und immer wieder aber wenn die Seele einmal Schaden genommen hat, dann hilft da auch kein Pflaster mehr.
Heute, in einem Alter, in dem viele Menschen zu Hause mit ihrer Familie verbringen, vielleicht sogar schon Opa oder Oma sind, heute sitzt er wieder alleine zu Hause und vor ein paar Wochen, wollte er nicht mehr alleine da sitzen, wo eh niemand mit ihm redet und reden wollte er auch nicht, weil ihn eh keiner verstehen würde und so griff er nochmal zur Flasche mit dem Ziel, alles wegzuschütten, was noch flüssig war.
4 Promille und das Ziel einfach irgendwann einzuschlafen ging nach hinten los, denn irgendwer wollte ihn noch nicht da haben, wo wir alle irgendwann mal hinkommen, irgendwas passierte das man ihn gerettet hatte, für den Moment, für den Augenblick weiter zu atmen und aus dem was man Leben nennt, vielleicht doch noch ein solches zu machen.
Ich hatte ihn wie bereits gesagt am Telefon, er hatte sein Ziel also nicht geschafft – er ist am Leben.
Was man Leben so nennen kann, denn auf meine Frage, warum er sich denn nicht einfach mal melden würde, kam die Antwort, dass er niemanden stören wollte, sich nicht aufdrängen wollte, niemanden auf den Nerv gehen wolle.
Dafür sind aber Freunde da, um ihnen mächtig auf den Zeiger zu gehen, sie bis aufs Blut zu reizen, ihnen im warten Sinne des Wortes auf den Sack zu gehen, doch das kann er und das will er nicht, denn was war denn damals, als er Freund Alkohol kennenlernte – irgendwann ist es vorbei.
Ok der Vergleich ist jetzt ein bisschen mager aber irgendwo kann ich ihn auch verstehen, man will niemanden auf den Zeiger gehen, niemanden verscheuchen, durch Dinge, die einem durch den Kopf schwirren aber auch auf die Gefahr hin, irgendwann gesagt zu bekommen, dass man mal ne Pause braucht, sollte man trotzdem versuchen, die noch gebliebenen Menschen einfach mal zu kontaktieren, auch wenn es schwer fällt.
Ich hoffe er hat es verstanden und ich weiss auch das er das hier lesen wird und nein es ist kein Vorwurf, denn Vorwürfe hat er in seinem Leben schon genug bekommen – dass hier ist nur eine Geschichte von einem Menschen, der mir mit dem wie er es tut, wie er lebt, wie er darüber denkt und warum er eben manche Dinge nicht tut, zeigt und auch eine Antwort darauf gibt, warum sich eben viele Menschen, bei denen es kurz vor zwölf ist, eben nicht melden.
Wenn es schon so schwer ist, sich bei guten Freunden zu melden, was für ein scheinbar unüberwindbarer Schritt muss es sein, sich bei fremden Menschen oder einem Verein mit eben fremden Menschen zu melden und einfach mal „Hilfe“ zu sagen?
Das habe ich glaube ich nun verstanden aber vielleicht verstehen einige Menschen, die dieses hier nun lesen auch, dass wir gerne helfen, wir verstehen, wie das Leben manchmal spielen kann, wie fies und gehässig es ist und aber auch schön und ein bisschen voller Freude sein kann, wenn man sich dann traut, um Hilfe zu fragen.
Und nochmal, es ist kein Vorwurf an dich mein Freund, es ist eher ein danke sagen, dass ich – wir durch solche wertvollen Menschen, wir dir immer dazu lernen und verstehen, warum manches so ist, wie es ist.
Danke