Weihnachtsgeschenke und Polizei

Karin schreibt…

Der Schlenker zum Ute-Abholen ist ja normal – doch dann wird es besonders. Nein – nicht das Kangoo-Packen. Aber dann.

Wir treffen uns mit Holger an der Johanniskirche zur Übergabe der Weihnachtsgeschenke, die er im 2. Vereinswagen mitbringt. Sabrina ist ebenfalls da, möchte sich die Aktion nicht entgehen lassen.

Wir brauchen nicht lange zu warten, da taucht der erste obdachlose Herr auf – Ute und ich erinnern uns: Er war völlig überfordert, was er alles von uns bekommen konnte und dann noch ein Weihnachtsgeschenk nach seinen Wünschen im Wert von 50 € on Top. Er erhält sein Geschenk und wir bestehen darauf, dass er es jetzt sofort auspackt – wir sind so gespannt auf sein Gesicht. Er lässt sich nicht lange bitten, ist selber zu gespannt, reißt das Papier auf.

Zum Vorschein kommt der warme Mantel, den er sich gewünscht hat. DER ist definitiv warm. Er ist ganz aufgeregt, verheddert sich beim Öffnen des Reißverschlusses, Holger will ihm helfen: „NEIN! Das ist MEIN Geschenk!“ Wir müssen alle lachen, seine Freude ist einfach überwältigend! Immer wieder kontrolliert er die Taschen, kann es nicht fassen, dass der Mantel wirklich ihm gehört.

Ein weiterer Herr nähert sich den Kangoos – wir wissen bereits, dass er seine Abholkarte verloren hat, aber da ich sie in Utes Anwesenheit ausgestellt habe und sowieso alle notiert habe, wissen wir beide sicher, dass ein Geschenk für ihn bereit liegt. Wieder die Spannung: Wie wird er reagieren? Er packt aus – ein Radio mit Kurbel, Solar, Batterien, Kabel und Taschenlampe, das ganze Programm. Er strahlt, fängt sofort an zu kurbeln. Sabrina hat das gleiche und hilft ihm bei der Entdeckung sämtlicher Funktionalitäten. Batterien erhält er natürlich auch. Im Radio ertönt Musik, „Spot an“ klappt auch (die Älteren unter euch erinnern sich bestimmt an Ilja Richter und die Sendung „Disco“) – die Atmosphäre hat schon was von einer Party!

Wir dürfen heute Abend noch einige Weihnachtsgeschenke verteilen, dürfen Freude, kindliche Begeisterung, Dankbarkeit erleben. Verbal geäußerte Dankbarkeit ist eher nebensächlich – die Freude dieser Menschen miterleben zu dürfen ist viel wichtiger, geht so viel mehr ans Herz! Allein das Öffnen der Pakete – wann hatten sie das letzte Mal diese Möglichkeit? Jaja – die Heulsuse meldet sich zuverlässig… bei dem Gedanken daran habe ich schon wieder Tränen in den Augen. Isso. Und wird auch so bleiben.

Hiermit ein ausdrückliches Dankeschön an unsere @Bea Wachsmann – du hast qualitativ hochwertige Artikel besorgt und das wurde von allen Beschenkten registriert, das hat ihre Begeisterung deutlich gezeigt!

Natürlich treffen wir heute auch andere obdachlose Menschen, die wir versorgen dürfen, bis in den Märkischen Kreis. Verteilen weitere Weihnachtstüten. Sind froh, Bekannte zu treffen, machen uns Sorgen, wenn ein bekannter Schlafplatz leer ist. So ist das, wenn man diesen „Job“ macht. Mit allen Höhen und Tiefen.

Die Tour ist zu Ende, wir fahren Richtung Heimat. Und erleben noch etwas total Nettes. Irgendwann haben wir einen Einsatzwagen der Polizei vor uns. An einer roten Ampel halten wir nebeneinander. Wir sind ja nicht im Kangoo unterwegs, ein Erkennen eher unwahrscheinlich. Es wird grün, der Polizeiwagen hält sich zurück, also fahre ich vor ihm weiter. Die Straße wird einspurig. Er folgt. Ich biege ab – er folgt. Ich biege wieder ab – er fährt weiter. In der Straße, in die ich eingebogen bin, steht ein weiterer Einsatzwagen, jedoch in entgegengesetzter Richtung. Ute: „Ist ja einiges los hier!“. Zone 30, ich fahre gemütlich weiter, sehe im Rückspiegel kurzes Aufflackern von Blaulicht. „Oh, ein Einsatz!“. Jau. Es nähert sich ziemlich schnell ein Wagen – 30 km/h sind das nicht! Dann sehe ich im Rückspielgel ein rotes „STOPP!“ – Motor und Radio aus, Fenster runter. Die junge Polizistin sieht uns und fängt laut an zu lachen: „Ach, IHR seid’s!“ Dreht sich zu ihrem Kollegen um und ruft: „UNSICHTBAR!“ – Ich erkläre, dass wir gerade von einer Tour kommen. „Wir dachten, da sitzt jemand anderes drin – dann fahrt mal weiter, schönen Feierabend!“ Wir danken der Polizei NRW Hagen für ihre Aufmerksamkeit und Kontrolle!