Mal kein Mond
Holgers Meldetour
Einfach ist das jedoch nicht, denn wenn viel passiert, ist es manchmal nicht einfach, alles zeitnah aufzuarbeiten.
„Das musst du nun wirklich nicht schreiben, DAS gehört nicht dahin. Da geht es doch um dich, das müssen die Leute nicht wissen – wichtig sind unsere Bereiche, halt dich doch daran, darüber gibt es schließlich genug zu schreiben.“
Tatsächlich irgendwie merkwürdig, hier jetzt zu sitzen und darüber nachdenken zu „müssen“, was ich schreiben möchte oder was ich schreiben soll.
Gegen 2:30 Uhr erreichte mich ein Anruf – die erste Reaktion von dem, der mich angerufen hatte: „Ach du scheiße, da geht ja jemand dran.“ Meine Antwort darauf, dass man damit rechnen muss, wenn man jemanden anruft, dass auch jemand dran geht, wurde mit dem Satz „Ja, aber wer rechnet denn um diese Uhrzeit damit?“ – wie auch immer das Gespräch fortgesetzt wurde, stellte sich heraus, dass es ein Herr war, der auf dem Weg zur Frühschicht einen Menschen in der Nähe eines Friedhofs sitzen sah, der augenscheinlich gefroren hatte.
Als er ihn ansprach und fragte, ob er helfen könnte, erzählte er ihm, dass Jugendliche seinen Schlafsack vor seinen Augen zerstört hätten und sich über ihn lustig gemacht hätten. Da das Wetter aber so warm ist, dachte er, er würde auch ohne auskommen, was sich allerdings als Fehleinschätzung herausstellte. Er bräuchte einfach einen Schlafsack, um etwas an Wärme zu gewinnen.
Also Klamotten an und auf in die Nacht.
Irgendwann kam ich dann an, der Anrufer war schon längst weiter, hatte sich aber tausendmal bedankt und mir garantiert, über uns zu sprechen. Mund-zu-Mund-Werbung ist mitunter die beste Werbung.
„Hi“, sagte ich und dann, ja, dann standen da gefühlte 2,00 Meter Mensch vor mir, die plötzlich anfingen zu weinen und nicht mehr aufhörten, Danke zu sagen. Ich schloss mich kurzerhand an und heulte mit ihm.
Gut, dass uns dabei niemand beobachtet hatte – das kam schon sehr spooky rüber.Er erzählte mir seine Geschichte und warum er nicht dazwischengegangen wäre, als das mit dem Schlafsack passierte, und dass er einfach keinen Ärger wollte und dies und das und jenes und alles Mögliche, was hier aber schon alleine aus vertraulichen Gründen keinen Platz findet.
Irgendwann dann fuhr ich zurück und hinterließ einen Menschen, der es nun warm hatte, der tatsächlich in den Schlafsack passte und der es mir nicht übel nahm, mich ihm anzuschließen, als er anfing zu heulen.
Frech, oftmals ohne Blatt vorm Mund, ehrlich, offen und sehr direkt, aber letztendlich auch professionell, wenn es dann um wirklich wichtige Themen rund um die Obdachlosenhilfe geht.
Das mit der eigenen Seite überlege ich mir mal, wenn ich dann mal Zeit habe, so in ein paar Jahren vielleicht.
EHRENAMT BEI UNSICHTBAR e. V.
Das Ehrenamt bei UNSICHTBAR e. V. besteht nicht ausschließlich aus der Arbeit auf der Straße. Bring dich zum Beispiel in der Fahrzeugpflege mit ein, sortiere, packe und waschen und reinige regelmäßig unsere Fahrzeuge, denn auch das ist eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe.
Werde Teil von etwas Großem – werde ein Teil von UNSICHTBAR e. V.“