Ein Straßenbericht von Tanja (Tagliatella Carbonare)
Vertrauen muss wachsen
Gestern Abend waren wir mal wieder ein reines Frauenteam und gemeinsam in Hagen unterwegs.
Zuerst aber holte ich den Vereinswagen und Alexandra in Gevelsberg ab, dann sammelten wir Susanne ein, besprachen kurz den geplanten Ablauf und los ging unsere Tour.
Susanne war jetzt schon öfter mit auf Tour und auch schon einige Male mit mir zusammen unterwegs, Alexandra war schon einmal mit Holger auf Tour und ich freute mich sehr darauf, sie jetzt kennenzulernen.
Anfang März berichteten wir schon von einem Herrn, den wir endlich nach längerer Zeit, an seinem Schlafplatz antrafen und sprechen konnten, er war noch sehr zurückhaltend und eher skeptisch, verstand aber, dass wir ihm nichts Böses wollten.
Es braucht eben Zeit und ein längeres Kennenlernen, damit Vertrauen wachsen kann. Wir sagten zu, immer wieder mal nach ihm zu sehen.
Gestern trafen wir ihn erneut an und er begrüßte uns schon viel offener, als bei unserem ersten Besuch. Wieder wollte er zuerst nichts haben, er habe alles und es ginge ihm gut.
Auf die direkte Frage, ob nicht doch einen Kaffee wolle, willigte er dann ein und freute sich sehr, da er schon seit Tagen keinen Kaffee mehr getrunken hatte.
Er hatte schon im Schlafsack gelegen, setzte sich auf, zog seine Schuhe an und begleitete uns zum Wagen. Unterwegs stellten wir uns allesamt vor und er erzählte etwas von sich.
Am Auto angekommen, bereiteten wir ihm einen Kaffee zu, auch eine Terrine so wie ein Wasser nahm er an. Wir spürten seine Freude über den Kaffee, denn er roch immer wieder an dem Becher und genoss den Duft mit zufriedenen Seufzern.
Er bedankte sich mehrfach und wir wünschten ihm eine gute Nacht.
An weiteren Plätzen trafen wir zunächst niemanden mehr an, dabei waren auch bereits verlassene, die wir ja immer wieder mal ansteuern, um zu schauen, ob sich nicht doch wieder ein alter oder neuer Bewohner eingerichtet hat.
In der Fußgängerzone war es bereits still geworden, nur wenige Menschen waren noch unterwegs.
In einer Bankfiliale trafen wir auf einen Bekannten, wir gaben Warmes und Kaltes aus, sprachen miteinander. Wir kennen uns schon einige Zeit und führen recht offene Gespräche, auch über neue Wünsche und Ziele.
Als wir uns verabschiedeten, kam gerade der Wach- und Sicherheitsdienst vorgefahren.
Mir war sofort klar, dass unser Schützling nun die Bank räumen muss, damit abgeschlossen werden kann. Seit der wiederholten Sprengungen von Geldautomaten, lassen Banken ihre Vorräume über Nacht schließen. Der Herr vom Wachschutz war sehr freundlich, kam auf uns zu und erzählte, dass es leider Vorschrift sei und er aus Sicherheitsgründen auch niemanden einschließen dürfe. Es täte ihm sehr leid.
Wir sprachen eine Weile über Menschlichkeit und dass es manchmal eben auf die kleinen Dinge ankommt. Wir wünschten einander noch eine ruhige Nacht.
Wir fuhren weiter Richtung Bahnhof und nahmen in den Nebenstraßen bekannte Schlafplätze mit, trafen nicht an allen mehr jemanden an, konnten aber an einem noch zwei Menschen eine Freude mit Warmen machen, darunter eine uns bekannte und ein neues Gesicht.
Am Hbf selbst trafen wir zwei junge Polizisten und die DB-Sicherheit an, die uns freundlich begrüßten, sonst war niemand da.
Insgesamt war es eine ruhige Tour, aber eben auch die Möglichkeit, uns gegenseitig besser kennenzulernen.
Ich wünsche euch einen sonnigen Tag,
Tanja