Man soll den Feierabend nicht vor der Heimfahrt loben!
„Man soll den Feierabend nicht vor der Heimfahrt loben! Da sitzt du noch im Auto, denkst daran, bald endlich nach Hause zu kommen, und dann – Zack – passiert es: Notfall! Kein Zögern, kein Überlegen, einfach machen. Genau dafür bist du schließlich da.
So oder so ähnlich ging es mir am Mittwoch kurz nach Mitternacht, als ich Sabrina noch zu ihrem Auto brachte. Nicht einmal eine halbe Stunde später klingelte das Telefon.
Ein Anruf von jemandem, der gerade von der Arbeit kam. Er hatte einen älteren Herrn gesehen, der bei dieser Kälte unterwegs war, und wollte sichergehen, dass ihm nichts passiert. Die Polizei wollte er nicht rufen, also wählte er unsere Nummer – leider anonym, mit unterdrückter Nummer, was Rückfragen unmöglich machte.
Ich fuhr sofort los, sah den älteren Herrn sogar noch. Aber als ich kurz wenden musste, war er plötzlich verschwunden – wie vom Erdboden verschluckt. Unmöglich eigentlich, aber er war weg. Und das hat mich richtig geärgert. In der Nähe die Ennepe, dunkle Ecken, wo alles Mögliche passieren kann, und unsere Wärmebildkamera war gerade an der Ladestation, weil sie vom letzten Einsatz leer war.
Konnte ich nichts machen. Nur ärgern – und mir vornehmen, beim nächsten Mal besser vorbereitet zu sein.
Dann klingelte das Telefon erneut. Diesmal war die Polizei dran. Eine obdachlose Person brauchte Unterstützung.
Fünf Minuten später war ich vor Ort. Mit einem warmen Kaffee und einer Terrine konnte ich ein wenig Kälte nehmen, mit einem Schlafsack etwas Wärme schenken. Ein kleines bisschen Menschlichkeit in einer kalten Nacht.
Erst danach ging es irgendwann nach Hause. Vorher bat ich die Polizei noch, nach dem älteren Herrn zu sehen – aber auch hier: keine Spur.
Als ich schließlich zuhause ankam, wurde es schon langsam hell. Schlafen? Fehlanzeige. Stattdessen setzte ich mich an unser neues, noch geheimes Projekt und wurschtelte dort weiter.
Als ich kurz innehielt, wurde mir bewusst: Wir leisten diese Arbeit nicht, um gesehen zu werden. Wir machen es, weil es gemacht werden muss.
Nicht für Lob oder Anerkennung, sondern weil wir wissen, dass jemand da draußen uns braucht.
Es geht nicht um Worte oder Wertschätzung. Es geht um Taten. Und genau dafür sind wir da – auch mitten in der Nacht, wenn niemand hinschaut.“

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