„Das Schwierigste ist es, weniger zu nehmen, wenn man mehr bekommen kann.“
„Das Schwierigste ist es, weniger zu nehmen, wenn man mehr bekommen kann.“
Dieser Spruch hat mit Sicherheit oft seine Berechtigung, aber auf unserer Tour durch Hagen erlebten Susanne und ich (Monika) wieder eine extrem natürliche und selbstverständliche Bescheidenheit, die uns oft sprachlos macht.
Wir standen mit eiskalten Händen und Füßen am Vereinswagen und freuten uns den heißen Kaffee wenigstens ein paar Sekunden halten zu dürfen, bevor wir ihn ausgaben. Bei Aussicht auf eine Nacht da draußen, hätten wir wahrscheinlich jedem den evtl. angebotenen Schlafsack und die Isomatte aus den Händen gerissen.
Aber nein!
Der erste Obdachlose, den wir an diesem Abend auf einer Steinplatte, ohne Unterlage, liegend antrafen, winkte dankend ab. Er habe alles, was er brauche. “ Echt nett von euch, aber danke.“ Er nahm nur eine Terrrine.
Und auch der junge Mann, der erst für Montag einen Schlafplatz in Aussicht hat und bis dahin mit einer kleinen Umhängetasche und ansonsten nichts der Kälte trotzen will… er nahm nur einen Kaffee und freute sich darüber. “ Nein, sonst brauche ich nichts. Aber vielen Dank für das Angebot.“
Auch die anderen Straßenmenschen nahmen höchstens eine Terrine oder einen Kaffee. Vielleicht noch einen Schokoriegel „…aber nur einen, die anderen wollen ja auch noch was.“
„Nein, den Geschenkbeutel mit den Socken brauche ich nicht. Habe noch welche. Gerne beim nächsten Mal.“
Gespräche… danach suchen alle und die sind in der Regel viel wichtiger.
Sicher, wir haben auch schon andere Reaktionen erlebt – unverschämtes, respektloses Fordern z.B., aber das sind seltene Einzelfälle und da sind wir dann auch konsequent in unserer Reaktion.
Die Genügsamkeit vieler Obdachloser widerspricht sicherlich dem Bild, das sich viele Menschen machen. „Wer tagsüber auf der Straße schnorrt, der nimmt doch auch weiter alles, was er kriegen kann. Da gibt es doch keine Selbstregulation.“ Diese Einschätzung ist bestimmt in vielen Köpfen verhaftet. Sie betteln meist für Drogen, von denen sie abhängig sind, aber das ist in ihrem Fall existentiell. Alles, was danach kommt, wird in bescheidenen Maßen, mit Bedacht und sehr dankbar angenommen:
Nur so viel, wie sie eben brauchen, um einigermaßen gut zu überleben. So viel, wie sie im oft kleinen Rucksack transportieren können. Wenn sie satt sind, sind sie satt und wenn sie keinen Durst haben, möchten sie auch kein Getränk.
Trotzdem sind wir manchmal penetrant hartnäckig, wenn wir sehen, dass da eine SItuation vielleicht nicht richtig eingeschätzt wird. Ist jemand in kurzer Zeit sehr abgemagert oder unterschätzt die Kälte, dann werden wir ziemlich überzeugend mit unseren Hilfsangeboten. Manchmal muss man sich auch einfach mal helfen lassen!
In dieser Nacht fuhren wir mit dem Gefühl zurück, dass es bis dahin allen gut ging, die wir angetroffen hatten, trotz Zurückhaltung. Aber wir haben ja auch immer die Sicherheit, dass Holger nachts noch mal rausfährt, um nachzusehen. Solang es so bitterkalt bleibt.