Die Tour von Björn und Sabine am 31.07.2022
Die Tour von Björn und Sabine am 31.07.2022
Unsere Touren durch die Nacht, sind so unterschiedlich wie die Menschen, denen wir auf unseren Fahrten begegnen. Das Einzige, was wir im Voraus wissen ist, welches Team zusammenfährt und welche Stadt wir anfahren. Natürlich auch noch die Uhrzeit wann wir uns treffen. Alles andere ist offen und so kommt es häufig auch dazu, dass wir uns sehr schnell auf Situationen einstellen müssen, mit denen wir absolut nicht gerechnet haben.
Letzte Nacht begleitete mich. Björn und Caner. Ein junger Mann, der sich für unsere Arbeit interessiert und reinschnuppern möchte. Im Vorfeld besprachen wir im Team unsere Vorgehensweise in bestimmten Situationen. Die Arbeit nachts auf der Straße ist hart und birgt auch Gefahren, weshalb es sehr wichtig ist, zumindest in der Theorie mal die Eventualitäten durchgegangen zu sein. Dann starteten wir und fuhren nach Wuppertal.
Es regnete und war schrecklich schwül. Die Luft war drückend unsere Klamotten klebten förmlich an uns. Die Straßen wirkten schon fast unheimlich, wie leergefegt. An unserem ersten Halt war der Herr noch nicht an seinem Platz. So fuhren wir weiter zu einem Wohnzimmer unter freiem Himmel, um einen uns gut bekannten Herrn zu besuchen. Auf dem Weg dorthin lief er uns auch schon über den Weg. Es hatte in der Zwischenzeit aufgehört zu regnen und er wollte noch einen kleinen Spaziergang machen. Er freute sich wie immer sehr uns zu sehen und empfing uns mit den Worten, wie gut es ihm gerade jetzt tut, uns zu sehen. Dieser Herr ist immer nett und freundlich, aber so wirklich an ihn ran kamen wir bislang nicht. Er hatte eine Mauer um sich errichtet. Nachdem es ihm im letzten Winter teilweise sehr schlecht ging, wir uns wirklich Sorgen machten, hatten wir in letzter Zeit allerdings festgestellt, dass er sich etwas gefangen hat. Sein gesamter Zustand hatte sich sehr verbessert. Zu unserer Freude. Letzte Nacht dann, als wir ihn auf den leeren Straßen trafen, spürten wir gleich, irgendwas ist anders, er wollte sich öffnen. Das war der Anfang eins langen und sehr intensiven Gesprächs. Einem Gespräch, was auch uns sehr mitnahm. Es ging um verkorkste Kindheit, alkoholkranke Eltern, wo Gewalt an der Tagesordnung war. Um ein Leben, was sich schon sehr früh in Heimen und dann auch in Gefängnissen abspielte. So traurig dieses Gespräch auch war, es gibt Hoffnung. Hoffnung, dass er nun Mithilfe seines Betreuers an ein Zimmer kommt, und auch sein Leben wieder in den Griff bekommt. Wir wünschen es so sehr für ihn.
Weiter ging es zu einem Herrn, der längere Zeit im Krankenhaus war und nun wieder zurück auf der Straße ist. Bei unserem letzten Treffen ging es ihm nicht gut und so freuten wir uns heute umso mehr, als wir ihn munter antrafen. Auch dieser Herr hatte hohen Redebedarf. Es ging ihm sehr viel durch den Kopf und so führten wir auch hier ein sehr langes Gespräch. Inzwischen nieselte es wieder und wir stellten uns einfach unter die dort stehenden Bäume, um etwas geschützt zu sein. Wenn man so in ein Gespräch vertieft ist, sind Zeit, Ort und Umstände einfach egal. Natürlich gab es dabei auch noch Terrinen, Kaffee und auch kalte Getränke. Aber das ist sowieso selbstverständlich. Diesem Herrn konnten wir dann auch noch mit einer Isomatte weiterhelfen. Seine war während des Krankenhausaufenthalts abhandengekommen. Auch hier fuhren wir wieder sehr nachdenklich weg. In der Zwischenzeit sorgten wir dafür, dass Caner sicher nach Hause kam. Björn und ich fuhren im Anschluss noch zu weiteren Bekannten. Auch dort standen die Gespräche heute im Vordergrund. Einem unserer Freunde auf der Straße konnten wir noch mit einem TOM (Tasche für obdachlose Menschen) helfen, da das einzige T- Shirt, was er besaß klitschnass war und sich in dem TOM ja auch T-Shirts, ebenso wie Unterhosen und Socken befinden.
Nach diesen so sehr intensiven und langen Gesprächen machten Björn und ich uns dann auch nachdenklich auf den Weg zurück ins Lager und ließen vieles aus den Gesprächen noch einmal Revue passieren.