Einfach mal das Leben aus einem anderen Blickwinkel betrachten
Einfach mal das Leben aus einem anderen Blickwinkel betrachten
Drum herum ist meistens alles verschwommen aber durch den Blick nach vorne, sieht man oftmals klarer und wenn man ganz genau hinschaut auch Momente des Lebens, die nicht so schön sind.
Sowie auch das Leben zum Beispiel nach einem Gefängnissaufenthalt, den man dann erleben muss, wenn die großen Tore sich hinter einem verschließen und man vor dem steht, dass viele dann auch nicht mehr haben – dem nackten Leben.
Sowie es auch unserem ersten Herrn passiert ist – viele Kleinigkeiten führten dazu, dass er hinter Gitter musste, für Delikte – die er gar nicht getan hatte – ok ein paar waren wohl doch dabei aber an allem was ihm vorgeworfen wurde, daran hatte er keine Schuld und auch nicht die Sachen, die er angeblich noch getan hatte, obwohl er in der Zeit bereits in Untersuchungshaft saß.
Es gibt sie eben diese Momente im Leben, da kommt erst eins und dann plötzlich ganz viele andere Dinge danach, selbst dann – wenn man sie gar nicht verzapft hat.
Er war seid gestern nur unterwegs und sein Bewährungshelfer hatte auch schon mit uns Kontakt aufgenommen aber für ihn kam es nicht in Frage, schon wieder und immer und immer wieder um Hilfe zu fragen – bis er es dann heute gegen Nachmittag, es dann doch tat und wir ihn bis Montag dann in einem Hotel untergebracht haben.
Das sind dann diese Bauchgefühlmomente, die uns im hier und im jetzt handeln lassen und es war auch richtig so – er war einfach nur fix und fertig und konnte sein Glück gar nicht fassen.
Morgen soll er sich melden, damit er dann was im Magen hat und erstmal runterkommen kann, denn am Montag geht der Spießrutenlauf weiter, dann heißt es sich um alles weitere zu kümmern.
Dafür drücken wir ihm die Daumen und werden neben ihm stehen, wenn er dann unsere Hilfe braucht.
Dann bekamen wir eine Meldung aus einem anderen Teil, des Kreises – dort angekommen trauten wir unseren Augen nicht, hielten an und fanden den Herrn in einer Bushaltestelle stehen – er wäre auf der Durchreise und hatte sich vor drei Wochen zu Fuß aus Hamburg in diese Richtung gemacht.
Wuss – zu Fuß aus Hamburg – hier her?
Er nickte und wir fragten ihn, ob ihm ein Schlafsack helfen würde, vielleicht eine Isomatte, ein TOM, ein Zelt und etwas Warmes.
Auch hier nickte er und fragte uns nach dem Datum – denn es fühlte sich für ihn an, wie Weihnachten.
Er würde morgen weiterziehen, mal sehen sagte er – vielleicht findet er einen freundlichen Bauern, der ihm für eine Weile gestatten würde, sich seine Unterkunft in einem Wald aufzubauen, um dann weiter über sein Leben nachzudenken.
Auch dem Herrn wünschen wir alles erdenklich Gute – gaben ihm noch eine Karte von uns und auch hier helfen wir gerne weiter, wenn wir es dann können und er es zulässt.
Kurz zuvor, bevor wir zu der Meldung fuhren, schauten wir noch bei den älteren Herrschaften in Hagen vorbei, diese waren aber gerade nicht da – nun ja vielleicht waren sie etwas spazieren und hoffentlich nehmen sie das Angebot ihrer Bleibe, weiterhin an.
Danach ging es weiter nach Bochum, Frank Rösner der mich heute begleitet hatte, war schon gespannt, was uns dort als nächstes erwarten würde.
Dort trafen wir auf einen uns bekannten Herrn – dem kurz zuvor noch eine Pizza geschenkt wurde und er uns fragte, was für ein Obst denn da als Beleg drauf liegen würde, welches sich als Ananas herausstellte, bekam er noch einen Kaffee oben drauf. Also nicht auf die Pizza, sondern in die Hand aber das versteht sich ja von selbst.
Weitere obdachlose Herrschaften, die wir vorfanden, von denen aber nur einer wach war, freute sich über einen Kaffee und eine Suppe und auch den Schlafsack, den er erst letztens von uns bekam, schützte ihn auch heute vor dem nicht allzu schönen Wetter.
Danach ging es nach Hause – Feierabend und gleich ruft das Bett.
Morgen auf Tour sind dann Thorsten und Silja und was die beiden erleben werden, darüber berichten wir dann.
Gute Nacht und schlaft alle gut und vielleicht betrachtet ihr in Zukunft, die Welt ja auch mal aus einem anderen Blickwinkel – sowie wir es fast täglich tun, um dann nicht nur das drum herum zu erblicken, sondern das Leben zu sehen, dass direkt vor eurer Nase liegt und oftmals einsam und kalt erscheint.