Freud und Leid liegen oft nah zusammen.
Gestern in der Nacht waren Frank Rösner und Sabine Wiegand-Steffan auf der Straße unterwegs. Frank schreibt Euch hier, mit seinen Worten, wie die Tour war.
Freud und Leid liegen oft nah zusammen.
Gestern Abend durfte ich als Fahrer kurzfristig einspringen und war mit Sabine Wiegand-Steffan in Wuppertal unterwegs.
Ganz in der Nähe unseres Treffpunkts trafen wir einen mittlerweile guten Bekannten, der zwar nichts brauchte, abgesehen natürlich von etwas Süßem, der sich mit uns aber gerne ein bisschen unterhalten wollte. So erzählte er, dass er jetzt auch geimpft worden wäre. Er hatte aber keine Nebenwirkungen und war auch froh darüber. Nach wechselseitigen guten Wünschen ging es dann richtig los.
An zwei Stellen konnten wir niemanden finden, wobei sich der eine Herr, der letztens unter dem Betonvorsprung gelegen hatte, anscheinend mit dem von uns geschenkten Zelt einen hoffentlich vor der Witterung und neugierigen Blicken geschützten neuen Standort gesucht hatte, der alte Platz war nämlich leer und ordentlich hinterlassen worden.
Sabine wird in den nächsten Tagen tagsüber mal schauen, ob sie ihn entdeckt, denn wir nehmen unsere Aufgabe, auch auf die Menschen draußen aufzupassen, ernst.
Danach ging es weiter und wir besuchten unsere „Leseratte“, den junge Mann, der so Spaß am Lesen von Thrillern hat und dem letztens fast alle Bücher gestohlen wurden. Hier sorgten nicht nur heiße Getränke und Speisen sowie die obligatorischen Süßigkeiten für Freude, Sabine hatte sich nämlich noch etwas ausgedacht und ihm mehrere Bücher mitgebracht. Es ist schön zu sehen, wie sehr sich jemand darüber freuen kann und richtiggehend jubelt.
Als sich Sabine noch mit ihm unterhielt, kam ein weiterer Herr zu uns, dem wir eine heiße Suppe und einen TOM geben konnten. Er lobte unseren Verein und unser Engagement mitten in der Nacht über den grünen Klee, so dass es uns schon fast etwas peinlich war. Zum Schluss schenkte er uns Plätzchen, die er in einem Kaufhaus bekommen hatte.
Während des Gesprächs kam ein junger Mann auf uns zu und bat um Entschuldigung für die Störung, er hatte schon von uns gehört und freute sich, jetzt unser Auto zu sehen und mit uns reden zu können. Er gehört zu einer Gruppe junger Menschen, die am Wochenende in die Innenstadt gehen und an Obdachlose und Bedürftige Essen ausgeben. Wir gaben ihm unsere Visitenkarte und unseren Flyer und er wollte uns kontaktieren, um eine mögliche Zusammenarbeit zu besprechen.
Das ist eine Sache, die wir sehr wichtig finden, dass verschiedene Organisationen sich abstimmen und im Rahmen einer Kooperation abgesprochen das für die Menschen draußen leisten, was sie mit einbringen können. Hier geht es nicht um die Befriedigung von Egos, sondern um Menschen, die für andere Menschen da sein und auch somit Verantwortung übernehmen wollen. Inzwischen ist geklärt, dass nach ersten Gesprächen weitere folgen werden, um ein Vorgehen in die gemeinsame Richtung zu klären.
Nach diesen guten Gesprächen ging es weiter, leider trafen wir nun hier auf eine Gruppe, in der schwelende zwischenmenschliche Konflikte zu einer Auseinandersetzung geführt hatten, so dass sich die Gruppe getrennt hatte. Die Verbleibenden, die wir antrafen, waren sehr geknickt und bedauerten dies sehr, verstanden es aber auch nicht, da man bisher füreinander so viel getan hatte.
Wir boten Ihnen an, dass sie es uns erzählen könnten, dass wir zuhören und unsere Meinung, wenn gewünscht, dazu äußern würden. Anfangs noch stockend, wurde es mehr und mehr, es wiederholte sich teilweite aufgrund der Fassungslosigkeit, aber wir hörten uns den Redefluss gerne an und kommentierten ihn auch. Zum Schluss hin war es offensichtlich, dass das Gespräch mit externen Menschen außerhalb der Gruppe gut getan hatte und die Gruppe bedankte sich mehrfach und entschuldigte sich, dass sie uns aufgehalten hätte.
Aber auch das gehört dazu, wenn es nötig ist, geduldig und aufmerksam zuzuhören und auch unsere Meinung abzugeben.
Letztendlich entspannte sich das Gespräch und wandte sich einem anderen Thema zu, dem kurz bevorstehende Geburtstag eines Mitglieds der Gruppe. Da er der jüngste war, konnten alle anderen ihn beruhigen und in seinen Ängsten beschwichtigen, dass Geburtstage nicht wirklich weh tun und eine Zahl auch nur eine Zahl ist. Für ihn war „Ich gehe auf die … zu!“ ein Problem, sicher auch durch die Ereignisse des Tages mit beeinflusst und vielleicht auch durch eine körperlich schlechtere Tagesform, da die Gruppe auch an dem Tag geimpft worden war.
Als wir uns verabschiedeten, wünschten wir einen guten Rutsch in den Geburtstag und wünschten alles Gute.
Im Wagen guckten Sabine und ich uns an und sagten gleichzeitig, dass wir nach Mitternacht zum Gratulieren vorbeifahren sollten.
Von hier aus ging es in einen anderen Stadtteil, wo wir eine weitere Gruppe mit Getränken, Speisen und ISO-Matten versorgen konnten. Diese erzählte uns froh, dass die Ordnungsbehörden ihnen erlaubt hätten, dort geschützt zu übernachten, so dass sie nicht im Freien auf einem Lüftungsgitter schlafen müssten. Die einzige Bedingung war, dass die Stelle morgens geräumt und ordentlich hinterlassen werden müsste. Wir hoffen, dass dies so beibehalten wird.
Da war wieder der Wechsel der Gefühle, gerade noch eine aufgewühlte, nachdenkliche und traurige Gruppe, nun eine frohe Gemeinschaft.
Wir hatten noch eine Aufgabe zu erledigen vor unserem Geburtstagsbesuch, nämlich noch eine Gruppe zu besuchen, aus deren Mitte einer einen Pullover versprochen bekommen hatte. Diesen neuen Pullover übergaben wir gerne, was zu Begeisterungsausbrüchen wie „Mega, der ist ja toll!“ führte.
Aber was ist ein Pullover ohne richtigen Inhalt, also gab es noch zusätzlich wieder Getränke, Speisen und – natürlich Süßigkeiten. Diese Gruppe hatte von den Geschenken von Angelika Tach noch keine bekommen, also gab es die noch obendrauf. Ein paar freundliche Sätze und gute Wünsche für die Nacht und auch die Feiertage, falls man sich nicht mehr sehen sollte, später es ging zurück zum Geburtstagskind.
Die ganze Gruppe war überrascht, wir wären doch schon da gewesen. Als wir sagten, dass wir ohne Gratulation nicht in unsere Betten hätten fallen können, freuten sie sich sehr und waren auch inzwischen wieder in besserer Stimmung. Wir haben also brav gratuliert, was man so mit einem Geburtstagskind ja auch macht, haben mit anderen Gruppenmitgliedern zusammen ein paar Witze über das Alter gemacht und letztendlich auch noch ein Geschenk überreicht.
Nach der leidvollen Geschichte und dem vorherigen traurigen Gespräch wurde es nun wieder froher und fröhlicher. Es war ja auch inzwischen ein neuer Tag und das Geschehene war “gestern“ passiert, auch wenn es nur ein paar Stunden her war.
Mit vielen Dankesworten und Grüßen wurden wir verabschiedet und beschlossen nun, nach fünf Stunden wirklich die Heimreise anzutreten und uns auch noch ein paar Stunden Schlaf zu gönnen.