Holgers Hitzetour #1

Holger schreibt…

Heute Nacht bin ich eine Hitzetour [im Winter auch Kältetour genannt] gefahren. Eine Hitzetour nennen wir die Touren, bei denen wir nicht in der Nacht auf Meldungen reagieren, sondern von 00:00 bis Open End rausfahren, damit die Menschen auf der Straße auch zu diesen Uhrzeiten etwas zu trinken bekommen – wir haben auf solchen Touren viel mehr an Getränken dabei, als sonst. Heute Nacht haben sie nicht wie sonst 1–2 Flaschen Wasser bekommen, sondern gleich 6 Flaschen, jeder von ihnen – damit sie was trinken.

Stolz berichtete einer von ihnen mir: „Hey, ich habe heute schon 1 Liter Wasser getrunken.“ „Gratulation“, sagte ich, „wenn du da jetzt noch 1,5 Liter oder sogar 2 Liter drauflegst, bekommst du ein Sternchen von mir.“ Sie trinken einfach zu wenig.

Als ich aus der Haustür ging, dachte ich: „Mich trifft der Schlag – 27 Grad um 00:00 Uhr.“ Die Luft fühlte sich dick an und der Wind schien Urlaub zu machen. „Tauwetter für Dicke“, dachte ich mir, und mit einem Lächeln auf den Lippen fuhr ich in das Abnehmwetter hinein.

Angekommen bei den Menschen, die mit Freuden nach dem Wasser griffen, stellten sie mir, wenn ich mal so darüber nachdenke, eine Frage, die sie mir immer stellen, wenn ich zu ihnen komme. „Alleine auf Tour, so spät – wer gibt dir Rückendeckung, wenn mal jemand durchdreht?“ Auf die Frage antworte ich immer mit: „Na, meine zwei Arten von Freunden.“ Was ich damit meine? Die erste Art, das seid ihr – ich bin mir mehr als sicher, dass, wenn hier mal jemand hohl dreht, ihr es seid, die mir den Rücken decken. Die zweite Art nennt man auch Polizei, wir nennen sie unsere Freunde, und schwupps, somit ist doch dann alles geklärt.

Soll ich euch was sagen? Immer wenn ich den Menschen auf der Straße damit zu verstehen gebe, dass sie mir wichtig sind und ich ihnen vertraue – immer dann, kann es noch so dunkel in der Nacht sein – den Menschen, die auf der Straße leben, denen, die mich das fragen, denen, denen das wie Öl den Rücken runterläuft, wenn sie meine Antwort hören, diese Menschen bedanken sich in solch einem Augenblick mit etwas, das mehr wert ist als ein Handschlag oder 1.000 Euro. Sie bedanken sich mit einem Blinzeln in ihren Augen, das alles andere bedeckt, selbst diese fiese, dicke Nacht, in der man froh ist, überhaupt atmen zu können.

Morgen, also heute, soll es nochmal so werden, und auch dann fahre ich erneut eine solche Tour durch die Nacht, in der sich kein einziger Ast bewegt, in der sich die Luft verabschiedet hat und in der es hier und da blinzelt.

Danke, dass ich helfen durfte.

P.S. Möchte mal wissen, welcher Hornochse das mit dem Tauwetter für Dicke erfunden hat – nix ist da weg – kein bisschen habe ich abgenommen.

Phü , dann eben nicht…
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