Ich mag jetzt nicht mehr
Ich mag jetzt nicht mehr – fragt sich nur wie lange
Vor 4 Tagen fing es an zu regnen und danach war alles anders!
Menschen flüchteten aus ihren Wohnungen, Talsperren drohten zu brechen, ganze Straßenzüge wurden überflutet, selbst in anderen Teilen NRW`s, verschwand plötzlich eine ganze Autobahn, Häuser und vieles andere.
Als es begann, hätten wir gerne geholfen – es ging aber nicht sofort, denn viele Straßen waren abgesperrt, die Gefahr, dass etwas passieren würde, war einfach zu groß.
Dann als das Wetter wärmer wurde und das Wasser verschwand, machten wir uns auf den Weg, dorthin – wo es am schlimmsten war.
Hilfe für obdachlose und bedürftige Menschen
Bedürftig war plötzlich fast ganz Hagen und auch ein Teil von Wuppertal und als der Strom in verschiedenen Stadtteilen ausfiel, wurde es nicht besser.
Lebensmittel wurden schlecht, Kühltruhen tauten ab – wenn sie nicht eh schon von den sturmartigen Regengüssen und Überflutungen, vieler Keller und Wohnung, kaputt gingen.
Gestern drehte ich ein kleines Video und erzählte euch was da gerade so passiert und ich bin immer noch fassungslos, was da passiert ist.
Da steht man auf der Straße, kann all das nicht fassen, denkt gerade an nichts und plötzlich steht ein Panzer neben einem.
Ich, sowie auch meine Begleiter an diesen Tag, wie Jens Fehlau, Son Ja, Frank Rösner, Susan Horey und auch ich sind und waren einfach nur sprachlos gewesen über das was wir da zu sehen bekommen haben.
Am schlimmsten war natürlich das Hochwasser, schlimm waren aber auch die Menschen, die in Scharen, neben denen standen, die von jetzt auch gleich, alles verloren hatten und einzig und alleine nur daran interessiert waren, Fotos zu machen – einfach nur Bildmaterial zu sammeln und sonst nichts.
Schlimm waren auch die Gespräche, die wir mit einigen Opfern geführt hatten, die uns erzählten, dass sie nicht fassen konnten, geplündert worden zu sein, nachdem sie am nächsten Tag, wieder zurück in ihre Häuser und Wohnung gekommen sind.
Was geht in solchen Menschen vor, die sich aus solchen schlimmen Situationen, noch einen Nutzen schlagen?
Widerlich ist das, einfach nur widerlich.
Noch immer werden Menschen vermisst, zahlreiche!
Oftmals sind das Freunde, Bekannte, Familienmitglieder, Oma, Opa, Onkel, Tante und und und – die Frage ist aber auch, was ist mit den obdachlosen Menschen, die diesem Hochwasser nicht mehr entkommen konnten, wer vermisst diese Menschen – werden sie vermisst? Wenn ja – von wem?
Ein schrecklicher Gedanke, ein wirklich schrecklicher Gedanke.
Gestern fuhren Jens, Sonja und ich durch Hagen, wir wussten das es nicht einfach wird – nicht einfach mit den Menschen zu sprechen, die in der Kürze von Minuten alles verloren hatten, was sie besaßen und es würde nicht einfach werden, direkt vor Ort zu sein und sich dann versuchen auszureden, was hier eigentlich passiert ist.
Um nicht in dem ganzen Schlamm, der vielen im Keller und auf den Straßen lag, nicht in dem ganzen Schlamm, der sich im Kopf breit macht, unterzugehen!
Hin und wieder gelingt es ja, seinem Hirn etwas einzureden, damit es nicht so sehr viel über gewissen Dinge nachdenkt aber hier war nichts mit einreden – hier herrschten Kriegszustände.
Nachdem wir gestern unsere Tour um 13:00 Uhr gestartet hatten, brachten wir Sonja dann gegen Abend zum Lager zurück, weil sie heute Frühdienst hatte und Jens und ich überlegten ernsthaft, die Tour zu beenden, weil das was wir da gesehen hatten, mehr als krass war, hinzukam, dass ich Trottel mir auch noch mein Knie verdreht hatte und zu dem Kopfkino des Ganzen, dann auch noch ätzende Schmerzen hatte.
Aber wir hatten etwas versprochen – wir wollten für diese Menschen da sein und das waren wir dann auch.
Eine kurze Pause, zwischenzeitlich mal eben das Auto waschen und den ganzen Staub und Matsch entfernen, einfach mal die dämlichen Schmerzen ausblenden und dann kurz noch zu einer Stelle fahren, um zu sehen, ob da alles heile geblieben ist und dann zurück nach Hagen.
Mittlerweile waren viele Helfer schon zu Hause und es waren viele Helfer – sehr viele Helfer. Die Hilfe untereinander war der pure Wahnsinn.
Auf einer von vielen Facebookseiten wurde Hilfe angeboten und kaum fragte jemand nach Hilfe, vergingen keine zwei Minuten und die Menschen machten sich auf, um genau dort zu helfen.
Das ist der absolute Hammer gewesen.
Unsere gestrige Tour endete nach 13 Stunden, in denen wir Wasser, Kaffee, Tee und unzählige 5 Minuten Terrinen verteilen durften, in den wir so viel Gespräche mit Menschen führten – wo ich gar nicht mehr sagen kann, wieviel es genau waren.
Gespräche voller Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit und sehr oft auch von Gedanken, die keine Zukunft sahen.
Das waren Gespräche mit Menschen, denen wir auf der Straße begegnet sind, was aber ist mit denen passiert, die nicht mehr auf die Straße gehen können, die sich nicht alleine helfen können, die dringend Strom brauchen, damit Geräte sie am Leben halten – wieviel Menschen, werden in den kommenden Wochen noch in ihren Wohnungen gefunden, für die jede Hilfe zu spät kommen wird?
Schreckliche Gedanken, wenn man darüber nachdenkt, wieviel alte Menschen es gibt, die schon vor dem Hochwasser kaum Kontakt zu Außenwelt hatten, die eh schon kaum jemand kannte – die jetzt vielleicht gar nicht mehr auf dieser Welt sind.
Wir hätten ohne Ende Bilder machen können, um Euch die Situation zu zeigen, was da passiert ist – haben aber nur wenige gemacht, weil wir mit ganz anderen Dingen beschäftigt waren und wer es nicht selbst erlebt hat, braucht ja auch nur die Nachrichten anzumachen, um dort das Chaos vor seine Augen zu bekommen.
Irgendwann kamen wir nach Hause und eigentlich wollte ich heute nicht raus, aber da ist sie eben diese Sucht, Menschen helfen zu wollen, die Hilfe brauchen und wenn es nur einer gewesen wäre, selbst wenn es niemand war, wie es dann heute auch war.
Die Menschen haben uns gesehen, viele hielten den Daumen nach oben – lachten uns an und freuten sich uns zu sehen, auch wenn es ihnen gar nicht nach Lachen zumute war – es schien ihnen dem Umständen nach, gut zu tun, mit dem Gefühl, nicht vergessen zu werden.
Jetzt betreibe ich mal ein bisschen Kniepflege, aber eigentlich würde ich gerne wieder raus, muss mich aber selbst davon überzeugen, dass ich eine Pause brauche, einen Moment auf die Couch muss, alles etwas sacken lassen – Bilder aus meinem Hirn rausschmeißen muss und die vielen Tränen, die wir in den vergangenen Tagen gesehen haben, verarbeiten muss.
Aber es ist noch lange nicht vorbei!
Es wird noch ein danach geben, Momente wo wir mit unserer direkten und unbürokratischen Hilfe, helfen werden – da sein werden, um diesen Menschen auch weiterhin zu Seite zu stehen.
Unterstützt und bei dem danach! Spendet unter „Flutopfer“ und wenn es auch nur 1,00 Euro ist – jeder Cent, der für die Flutopfer gespendet wird, kommt auch genau dort an.
Danke an alle meine Begleiter für Euren unermüdlichen Einsatz, in diesen Tagen und darüber hinaus – Danke
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Helft uns helfen zu können!
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