In solchen Augenblicken ist dann auch bei uns der Kampf gegen die Tränen angesagt
Wenn die Menschen sich gerade noch einmal von links nach rechts drehen und zum Ende ihrer Träume kommen, sind wir auf dem Weg nach Hause, um dann auch ein bisschen zu schlafen.
Ok, nicht alle – ich stehe wieder einmal an einer meiner Lieblingstankstellen und schreibe noch ein paar Zeilen für euch, über das was wir heute erlebt haben.
Angefangen hat unsere Tour zu dritt. Martina und Olli begleiteten mich auf einer Fahrt durch Wuppertal, die uns durch viele kleine und auch über größere Straßen führte, die uns durch Innenstädte führte, die anfangs irgendwie ruhig erschienen.
Vorher hatte es geregnet und viele der Menschen, denen wir sonst an all diesen Stellen dort begegnten, hatten sich wohl einen trockenen Platz gesucht, doch letztendlich kamen sie dann doch auf uns zu und weil wir nicht nur an einem Ort stehen, wir auch auf sie.
Danach ging es dann für Olli und mich weiter durch den Ennepe-Ruhr-Kreis, bis nach Hagen und auch dort trafen wir viele Menschen an. Ganz besonders auffällig war, dass wir hier viele neue Gesichter antrafen, die sich in kleineren Gruppen zusammengefunden hatten.
Eigentlich ist es auch genau das richtige, sich anderen anzuschließen, denn umso mehr man ist, umso weniger angreifbar ist man.
Und dann stand eine junge Frau vor uns, die augenscheinlich etwas zuviel von dem Zeug getrunken hatte, dass anfangs vorgibt dein bester Freund zu sein, schnell aber auch zu deinem größten Feind werden kann.
Sie freute sich über einen Schlafsack, eine Isomatte und etwas zu essen, auch Wasser nahm sie gerne an und als die anderen aus ihrer Gruppe ihr beim Tragen helfen wollten, lehnte sie die Angebote ab, weil sie es alleine schaffen wollte – wenigstens etwas das sie noch alleine schaffen würde, murmelte sie vor sich her und dann war sie verschwunden und wir durften sehr vielen anderen Menschen etwas Gutes tun, die morgens um drei auf uns zukamem, um etwas für die Nacht zu bekommen.
Und dann stand sie plötzlich wieder da und erzählte mir ein bisschen über sich und ich schaute sie an und sagte – der Alkohol macht dich kaputt und ob ich ihr eine Adresse von einer Anlaufstelle geben darf, wo sie Hilfe bekommen würde?!
Der Alkohol sei nicht das einzige Problem – es ist eher eines der kleinsten Probleme die sie hätte und dann fragte sie nach einen Grießbrei, den Olli ihr gerne zubereitete und dann so ganz nebenher erzählte sie mir das sie beklaut wurde und das ihr Telefon weg wäre und das alles immer nur gegen sie spielen würde und sie immer wieder nur fallen würde.
Ich schaute sie an, drehte mich um und ging an das Handschuhfach unseres Fahrzeugs, holte ihr ein Handy heraus und schenkte es ihr.
Danach war alles für einen Moment sehr emotional. Alle aus ihrer Gruppe gingen zu ihr und fragten, was denn los wäre, weil sie sich von allen abwendete.
Es dauerte einen Moment, bis sie sich wieder umdrehte und sagte.
Er hat mir ein Handy geschenkt, einfach mal so, er hat es mir in die Hand gelegt und gesagt, dass es jetzt meins ist.
Das kann es doch nicht geben, dass ist doch nicht normal, was wir doch für Menschen wären und ob uns jemand von oben aus dem Himmel geschickt hätte, um ihr für einen kleinen Augenblick dieses schöne Gefühl zu schenken, das es da jemanden gibt der zuhört und handelt und nicht nur da steht und mit dem Kopf nickt.
Darf ich dich in den Arm nehmen – eigentlich nicht, wollte ich sagen – aber soweit kam ich gar nicht, denn zu diesem Zeitpunkt hatte sich mich schon im Arm und als sie mich los ließ, schnappte ich erstmal nach Luft.
Nicht weil die Dame ungepflegt war – ganz und gar nicht, sie war sogar sehr sauber, sondern weil sie mich so fest gedrückt hatte, dass ich erstmal nach Luft schnappen musste.
Dann schaute sie mich an und ihr flossen die Tränen aus dem Gesicht und mal ehrlich, wen lässt sowas kalt?
In solchen Augenblicken ist dann auch bei uns der Kampf gegen die Tränen angesagt, die dann durch dich durch geschossen kommen und du so tust, als wäre dir was ins Auge geflogen.
Ja das ist wieder einmal eine Nachttour gewesen, in der so ziemlich alles vertreten war. Es war eine sehr lange, intensive und sehr bewegte Tour – die uns durch eine Nacht führte, in der wir zahlreichen Menschen helfen durften, die sich um die Uhrzeit, in der wir unterwegs sind über ein Ohr das zuhört, einen Kaffee der wärmt und ehrlichen Worten, sowie weiteren Dingen so sehr freuten, als hätten sie gerade Geburtstag gefeiert.
Es dringt immer wieder durch einen durch, wenn man helfen durfte, wie erwärmend es ist – diese Hilfe leisten zu dürfen.
Danke das wir helfen durften!
Gute Nacht