Nix los

Karin schreibt…

Sonntagabend in Deutschland…

Was macht ihr so? Tatort gucken? Oder einen Film streamen? Lesen oder Spiele spielen? Oder früh ins Bett gehen? Vielleicht zum Spätdienst fahren? Bei Holger und mir (Karin) steht was ganz anderes auf dem Plan: Wir fahren raus in die Nacht und suchen sie – die Unsichtbaren, die Menschen, denen wir helfen dürfen. Die Menschen, die keine große Auswahl haben, was sie mit einem Sonntagabend anfangen sollen, für die es Sonntagabend – und alle anderen Abende und auch Tage in erster Linie um eins geht: Zu überleben.

Zunächst ist es sehr ruhig, wir finden niemanden, der Hilfe benötigt. Wir überlegen, ob der Bericht dieser Tour wohl der kürzeste Bericht ever sein wird: „Nix los.“

Wie so oft ein – dieses Mal etwas längerer – Plausch mit der Polizei, die uns bestätigt, dass es zurzeit tatsächlich sehr ruhig ist. Wir hoffen, dass es ein gutes Zeichen ist, dass alle irgendwo untergekommen und sicher sind. Vor einigen Tagen kam eine Meldung nach der anderen herein, die Ute und ich nacheinander abgefahren sind – heute scheint es wirklich ruhig zu bleiben.

Dennoch dürfen wir 4 Herren mit dem Nötigsten versorgen, so dass sie zumindest nicht hungrig und durstig die Nacht überstehen können. Einem der Herren habe ich vor einiger Zeit einen Schlafsack angeboten – er hatte nur eine eher dünne Decke. Er lehnte ab, nahm nur Isomatte und Rucksack. Er liegt jetzt komplett unter der Decke eingemummelt wie letztens auch – da schlief er so tief und fest, dass er nicht auf meine leise Ansprache reagierte und ich ihn nicht wecken mochte, ihm nur was Süßes dagelassen hatte. Zu trinken hatte er noch. Jetzt spreche ich ihn wieder ganz leise mit seinem Namen an und er krabbelt unter der Decke hervor, reibt sich die Hände, fröstelt. Ich biete ihm erneut einen Schlafsack an und dieses Mal nimmt er zu meiner Erleichterung an. Holger versorgt unterdessen einen weiteren unserer Bekannten. Auch die letzten beiden, die wir an dem Ort vorfinden, sind schnell versorgt – mittlerweile kennen wir ihre Wünsche. Sie sind alle nicht zum Reden aufgelegt, wollen sich schnell wieder verkriechen. Man merkt den Unterschied zum Sommer ganz deutlich – dann sind alle offener, reden, lachen…

Kälte frisst Energie. Ich habe wieder Angst vor dem Winter. Als ich im Februar bei UNSICHTBAR e. V. angefangen habe, war es nicht mehr so eisig kalt, so dass ich nicht wirklich weiß, was demnächst auf mich zukommt, sollte es einen richtig harten Winter geben. Aber ich bin ja nicht alleine und im Team kriegen wir das hin. Das verspreche ich in Gedanken ihnen, die sich auch dann auf uns verlassen können. Ehrenwort.

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EHRENAMT BEI UNSICHTBAR e. V.
Das Ehrenamt bei UNSICHTBAR e. V. besteht nicht ausschließlich aus der Arbeit auf der Straße. Bring dich zum Beispiel in der Fahrzeugpflege mit ein, sortiere, packe und waschen und reinige regelmäßig unsere Fahrzeuge, denn auch das ist eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe.
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