Obdachlose, Haustiere und Karin

Karin schreibt…

Obdachlose, Haustiere und ich…

Holger und ich (Karin) starten heute, 15.06.2024, gegen 22:50 ab Lager unsere Nachttour. Wie so oft fahren wir zunächst bekannte Aufenthaltsorte im Ennepe-Ruhr-Kreis an – aber alle scheinen versorgt zu sein. Irgendwann irgendwo auf der Landstraße: Auf der Gegenfahrbahn steht ein PKW mit eingeschalteter Warnblinkanlage, 3 Personen stehen vor dem PKW. Etwas Helles liegt zu ihren Füßen… Ich schaue absichtlich nicht hin, Holger sagt: „Eine Katze“.

Ich fahre bewusst je nach Uhrzeit und Jahreszeit eine andere Strecke nach Ennepetal zum Lager und wieder nach Hause – im Dunklen nie durch bewaldetes Gebiet. Zu oft habe ich die im Scheinwerferlicht aufblitzenden Augen von Rehen, Mardern, Katzen etc. gesehen – ich möchte nicht riskieren, dass mir ein Tier vor den Wagen läuft… Den Wagen kann ich reparieren lassen – ein Leben nicht.
Auf dem Rückweg nach Hause denke ich über den Vorfall nach und ich hoffe, dass meinen beiden Katzen, die Freigänger sind, nichts passiert ist. Aber ich denke auch darüber nach, dass einige obdachlose Menschen Tiere haben, meistens Hunde. Ich kenne die Meinung vieler Menschen: „Wenn sie sich das nicht leisten können, dann sollen sie keine halten.“ Aha. Wer bestimmt das? Genau: Einzig und allein der Mensch, der ein Tier hat und liebt.

Obdachlose Menschen halten durchaus mal zusammen – wenn es hart auf hart kommt, wenn eine Bedrohung von außen ansteht. Untereinander sind sie sich nicht wirklich grün – da wird geklaut und beschimpft und misstraut. ‚Der beste Freund des Menschen ist der Hund‘ (ich erweitere um Katze) – diese Überzeugung gilt auch für einige Obdachlose. Ich bin mit Hunden groß geworden, als Jugendliche war mein Hund eine Art Tagebuch. Ihr, die ihr Haustiere habt, könnt es nachvollziehen: Wie wichtig sie für uns sind, ihre bedingungslose Treue, ihre Empathie, wenn es einem schlecht geht, wie glücklich sie uns machen. Genau das alles sehen und wissen wir – warum soll ein obdachloser Mensch auf so viel Glück verzichten? Auch hier gibt es Spenden, es gibt die Tiertafel #tiertafelhagen, die in Ausnahmefällen auch mal eine Rechnung übernimmt, in manchen Städten gibt es fahrende Tierkliniken, in denen Tierärzte und Tierärztinnen ehrenamtlich Hunde versorgen. Und ich habe mich gefreut, dass ich auf der letzten Tour Hundefutter ausgeben konnte.

Die Nachttour ist ruhig, zwei obdachlose Menschen aus dem Märkischen Kreis haben offenbar ihre Schlafplätze verlassen.
Wir steuern die Innenstadt an, kurzer Informationsaustausch mit der Polizei über einen obdachlosen Herrn, dann zur letzten Anlaufstelle für diese Nacht. Das übliche Procedere – und ich stelle wieder mal fest, dass ich mich darüber freue, sie – die Unsichtbaren, die plötzlich auftauchen – wieder zu sehen und dass die Begrüßung wie unter alten Bekannten ausfällt. Die wir ja mittlerweile auch sind!
Es ist 05:15, als ich Zuhause eintreffe. Die Katzen sind unterwegs, ich mache mir keine Sorgen, denn in einer Einbahnstraße ist nicht annähernd so viel Verkehr wie auf der B54.
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Nachtrag: Als ich irgendwann aufwache, liegen beide Katzen im Bett. Ich bin einfach nur dankbar, dass meine Welt ziemlich in Ordnung ist. Und dass ich über UNSICHTBAR.e.V. einen ganz kleinen Teil davon weitergeben kann…
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EHRENAMT BEI UNSICHTBAR e. V.
Das Ehrenamt bei UNSICHTBAR e. V. besteht nicht ausschließlich aus der Arbeit auf der Straße. Bring dich zum Beispiel in der Fahrzeugpflege mit ein, sortiere, packe und waschen und reinige regelmäßig unsere Fahrzeuge, denn auch das ist eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe.
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