Seine Lebensgeschichte
Gestern waren wir zu dritt unterwegs, Susanne – die auch hier den Bericht geschrieben hat, Frank und ich.
Wir trafen uns am Lager, von wo wir unsere Tour starteten.
Holger hatte den Wagen schon vorbereitet, heißes Wasser gemacht, Terrinen eingeladen und noch vieles mehr.
Da Holger eine Meldung erhalten hatte, wo ein liegender Mann gesichtet wurde, führte uns unser erster Weg dorthin, doch leider trafen wir den Mann nicht an.
Und fing unsere eigentlich geplante Tour an.
Wir fuhren einige Parkplätze an, aber niemand war dort, obwohl sich hier gelegentlich obdachlose Menschen aufhalten sollen – wir werden da mal weiterhin ein Auge drauf schmeißen.
Der nächste Stopp führte uns zu einem uns bekannten Gesicht. Er hatte sich ein bisschen verändert, denn der Rauschebart musste Sommerbart weichen.
Bis auf die Nachfrage nach T- Shirts in Übergrößen, benötigte er nichts. Er erzählte uns, es seien viele neue Menschen unterwegs, wo diese sich jetzt aufhalten würden, wüsste er aber nicht und ihnen beispielsweise unsere Nummer anzubieten, wollten sie nicht.
Der Grund dafür wäre, dass man sich sehr schlecht Ihnen unterhalten könnte, obwohl er sieben Sprachen spreche. Vielleicht lag es auch an dem urbayrischen Dialekt, den er selbst spricht.
So führte uns unser Weg weiter.
Beim nächsten Schlafplatz würde nach kurzen Rufen die Decke zu Seite geschlagen und wir wurden von dem Menschen dort freudig begrüßt. Er nahm gerne das Essen und angebotenen Getränke. Als Holger ihm noch Hygieneartikel anbot, freute er sich sehr. Er öffnete die Tüte und schaute nach. Das Deo wurde direkt ausprobiert und als super Duft gutgeheißen. Noch etwas Süßes zum Abschluss und wir verabschiedeten und bis zum nächsten Mal.
Dann hielten wir bei einem Zelt, dort riefen wir den uns bekannten Namen, wodrauf die Antwort kam, dass er sich erst anziehen müsste. Er kam dann zu uns ans Auto, am Zelt sei ein Fenster, dort könnten wir nach ihm rufen, sagte er uns und Frank schaute es sich an.
Er erzählte Frank, dass sein Kollege noch nicht da sein würde und sich dieser morgen eine Wohnung anschauen würde, er bliebe aber in seinem Zelt.
Man kann es sich irgendwie nicht vorstellen, wenn man in seinem Zuhause sitzt, darüber nachzudenken, dass man all das tauscht und sich freiwillig diese Art zu leben aussucht.
Ein Stadtviertel weiter kam uns ein Mann entgegen, Holger schaute zweimal hin und sagte: „Mensch, du siehst gut aus“.
Der Mann strahlte, er fühle sich auch so. Er befindet sich in einem Entzugsprogramm und habe schon 11 kg zugenommen.
Trotz der 11 kg, sah er immer noch sehr dünn aus.
Es ginge ihm im Moment echt gut. Wenn er morgens aufwacht, wäre dieser Druck nicht mehr da, loszulaufen – irgendwo Geld zu organisieren, um sich dann davon Drogen kaufen zu müssen.
Wir wünschen ihm, dass es so für ihn weitergeht. Bei unserem Gespräch am Auto kam ein gepflegt aussehender Mann vorbei und warf ein paar Worte bezüglich Drogen mit in die Unterhaltung rein.
Holger bot ihm einen Kaffee an. Daraufhin erzählte uns der Mann seine Lebensgeschichte. Wie schnell man in die Drogensucht rutschen kann und das man bloß die Finger von dem Zeug lassen soll, denn nach zwei Tagen schon, kommt man nicht mehr davon weg.
Er erzählte und von Entzügen und Rückfällen, von seiner Arbeitsstelle und von seiner Familie, die sich nach dem Drogenouting von ihm abgewendet hatte.
Er sei zwar süchtig aber das ohne kriminell zu sein – er will auch gar nicht so sein, wie all die anderen und könne sich beim besten Willen nicht vorstellen, einer alten Dame die Tasche zu stehlen, nur um seine einst gemacht Dummheit, zu befriedigen.
Wenn er was brauchen würde, es aber nicht sofort bekommt, dann würde man sich auch untereinander helfen, wenn er selbst mal kein Heroin habe.
Eine ergreifende ehrlich wirkende Geschichte. Wir verabschiedeten uns und vielleicht sieht man sich ja mal wieder und redet noch ein bisschen weiter über das Leben, was es aus einem gemacht hat, was man vermisst und wie die Zukunft aussehen mag.
Wir hielten dann nach einem Mann Ausschau, den wir in einem Ladeneingang fanden. Auch ihm konnten wir mit Essen, Getränken und einem Hygienebeutel etc. versorgen.
Kurz drauf ging eine vierköpfige Familie an uns vorbei und sagte zu uns.
GUTE ARBEIT.
Das Beste daran war, als wir im Auto saßen, sahen wir wie die Familie stehen blieb. Die Frau ging dann mit einer Tüte zurück und fragte den Mann, ob er die Tüte mit Essen wolle.
Das war schön mit anzusehen und wer weiß, vielleicht haben wir von Unsichtbar die Gute Tat, ja sogar ein bisschen mit angeregt und sie geben Bedürftigen das nächste Mal wieder etwas.
Durch Zufall sahen wir noch einen Menschen zusammengerollt, notdürftig zugedeckt in einem Hauseigang liegen. Wir konnten ihn komplett ausstatten, was er dankend annahm. Bezahlen könne er leider nichts, die letzten 2 € habe er für Essen ausgegeben. Er sei nur noch kurz da und am Morgen auf dem Weg in eine Klinik, zwecks Entzugs.
Wir wünschten ihm dafür viel Glück und das er es schaffen werde.
Danach durften wir weiteren zwei Herren noch zwei Kaffee servieren und machten uns dann auf den Heimweg.
Wir durften auf unserer Tour so viele unterschiedliche Lebensgeschichten hören und Menschen erleben und es ist immer wieder schön, so viel Vertrauen von diesen Menschen zu erhalten.