Sich zu artikulieren, mit jemanden zu sprechen, was einen bewegt…..
Sich zu artikulieren, mit jemanden zu sprechen, was einen bewegt, Gefühle zu zeigen, sich so ausdrücken zu können, dass es jemand anderes auch versteht, bedeutet Menschen auf der Straße viel.
Sie möchten einfach über sich, um das herumreden, zum Ausdruck bringen, was sie bewegt und wie sie damit umgehen.
Das wurde Thorsten Biermann und Silja Rösner gestern nochmal bestätigt.
Die beiden waren auf Tour – erst in Bochum, dann in Wuppertal.
Vor einiger Zeit hatten wir darüber geschrieben, dass wir einen jungen Mann, erst in einem Hotel schlafen ließen und ihn danach in eine Wohnung unterbringen durften, in der er jetzt als Übergang, bis er in seine richtige Wohnung ziehen darf, ein Dach über dem Kopf hat.
Es der – der studiert – ihr erinnert euch vielleicht an unseren Bericht vom 12. Mai 2021 – ein junger Mann der Städtebau und Stadtplanung studieren möchte, um Ideen zu finden, wie man den Menschen auf der Straße anders oder besser helfen kann.
Es fällt ihm schwer Hilfe anzunehmen, weil er gar nicht damit umzugehen weiß und das bringt er auch immer wieder zum Ausdruck.
Als er mich letzte Woche anrief und mich fragte, ob wir ihm vielleicht nicht nochmal helfen könnten, konnte man an der Stimme am anderen Ende des Telefons merklich spüren, dass auch diese Frage ihm sehr viel Überwindungskraft gekostet hatte.
Gestern sind Thorsten und Silja dann zu ihm gefahren, um ihm einen Lebensmittelgutschein zu bringen, damit er sich etwas zu essen und zu trinken kaufen kann.
Er war immer noch vollkommen begeistert über unsere selbstlose und direkte unabhängige Hilfe. Leider gebe es im Gegensatz zum Egoismus kaum noch Altruismus.
Zitat:
„Der schwarze Hund Egoismus darf nicht so sehr gefüttert werden.“
Und er lebt diesen Gedanken, denn er hatte in der Zeit, als er auf der Straße lebte, von seinem mehr als knappen Geld zwei große Pizzen gekauft und diese mit Bedürftigen geteilt die ebenfalls Hunger hatten. Darunter auch Personen, die ihn in der Nacht zuvor körperlich angegriffen hatten.
Man merkt ihm immer wieder sein hohes Bildungslevel deutlich an.
Es leben eben nicht nur Menschen, dort draußen auf der Straße, von denen die Gesellschaft denkt, dass es nur „Penner“ sind, die nichts auf die Reihe bekommen – oftmals leben dort auf der Straße Menschen, deren Schicksal einfach die falsche Richtung gewählt hat, Menschen – die einen unglaublich hohen Intelligenzquotient besitzen – Menschen deren Hülle nicht aussagt, was sie sind oder was sie einmal waren.
Man kann eben jedem Menschen nur vor sein Gesicht schauen und wenn man nicht fragt, erfährt man auch nie, dass viele von ihnen in Wirklichkeit, irgendwann mal Professoren oder Anwälte waren oder wie in seinem Fall ein junger Mann, der dort leben musste und trotzdem einen unglaublichen Drang da drin sieht, etwas in seinem Leben erreichen zu wollen.
An einer weiteren Stelle hatten sie niemanden angetroffen und auch die uns bekannte Dame, der wir immer wieder eine Suppe reichen oder mit ihr einen Kaffee trinken war nicht anwesend.
Danach ging es für die beiden nach Wuppertal, dort sprachen sie einen uns bekannten Herrn an, den wir auch oftmals tief in der Nacht besuchen, um einfach mal zu schauen, ob alles gut ist, selbst wenn er dann schläft. Gestern war er zwar wach, wollte aber auch nichts und ihm ginge es gut.
In einem anderen Teil von Wuppertal, verteilten die beiden dann Tee, Suppen und Wasser. Mit einem der Herren hatte Silja dann noch länger über Bücher geplaudert.
Und so ging für die beiden ein Abend mit vielen Eindrücken und Erfahrungen zu Ende.