Unser Straßenbericht vom 25.09.2021 / 26.09.2021
Unser Straßenbericht vom 25.09.2021 / 26.09.2021
Ein gar nicht so neues Gesicht, denn Patrizia kannte ich schon aus einer anderen Stadt und als ich mir letztens eine kleine Pause gönnte, parkte sie plötzlich neben mir und fragte, ob sie denn nicht mal mit auf die Straße fahren könnte!?
Ja aber natürlich und so wurde dann gestern aus einer Frage, die Realität und die fing an dem Abend für mich uns Jens im Lager an, wo wir den Wagen auf die bevorstehende Megatour vorbereiteten.
Danach fuhren wir zu Patrizia und die Tour sollte beginnen!
Das erste Ziel war Bochum – hier war es gestern sehr leise, leise darauf bezogen, dass wir nur wenige Menschen angetroffen hatten.
Wir erfuhren aus Quellen heraus, die wir hier aber nicht nennen werden, dass einige unserer Schäfchen im Krankenhaus liegen und auch leider inhaftiert wurden und auch das eine Person, die den Weg aus diesem Leben herausgefunden hatte, leider wieder rückfällig geworden ist, zu mindestens was seine Sucht anging.
Die Geschichten, Situationen und Aufenthaltsorte – jeder einzelnen Person zu erfahren, sind sehr wichtig für uns, denn dann können wir uns ein Bild davon machen, was gerade in jeder einzelnen Stadt passiert.
Auch Sorgen gehören dazu, denn wenn plötzlich Menschen von der Straße verschwinden, macht sich jeder von uns Gedanken, was mit ihnen passiert ist und so ist es extrem wichtig, ein informationsreiches und auch riesiges Netzwerk zu haben, wo man aus allen Richtungen, Fakten darüber bekommt, was eben mit diesen Menschen ist.
Gestern trafen wir dort in der Stadt von der Susan und Andreas oftmals sagen, dass es die schönste Stadt in Deutschland sein soll, drei Personen an, denen wir Kaffee und Suppen reichen durften.
Vielleicht ist die Stadt an manchen Tagen schön, doch wenn man ganz genau hinschaut, ist sie auch grau und traurig denn nur allein die Menschen, die nachts durch die Stadt laufen und Flaschen sammeln oder auf der Straße liegen und außer einem Schlafsack, gar nichts mehr haben, machen sie nicht umbedingt bunter und schöner.
Danach ging es nach Wuppertal, auch diese Stadt wird von den Menschen, die dort leben, als eine der schönsten Städte angesehen aber auch hier versteckt sich hinter einem großen grauen Vorhang eine Welt, die diese Stadt, wie jede andere Stadt auch, dann in einem anderen Licht dastehen lässt.
Man muss sich nur mal die Mühe machen, aufzustehen und den Vorhang der Gesellschaft an die Seite zu schieben und wird entsetzt sein, wie aus schön dann plötzlich dunkel und grau wird.
Alle unsere Mitglieder, viele Menschen, die uns folgen und mit denen wir reden, schieben jeden Tag diesen Vorhang zu Seite und darauf sind wir sehr stolz, dass wir mit unserer Arbeit und unseren schon fast täglichen Berichten, immer mehr Menschen erreichen, die nicht mehr wegschauen, sondern genau das Gegenteil teil tun und genau dafür – an dieser Stelle – möchten wir vielen herzlichen Dank sagen.
Aus Wuppertal bekamen wir eine Meldung, diese konnten wir aber nicht finden und wir hätten sie gefunden, wenn sie da gewesen wäre – weil wir hatten, ja Professor Dr. Adlerauge Jens dabei und seinen Augen entgeht nichts – gar nichts!
Hier durften wir in dieser Nacht 5 Terrinen und reichlich Kaffee überreichen.
Das Bild was mir schon seit letzter Woche nicht aus den Gedanken geht, ist eine Stelle, die wir auch gestern wieder aufgefunden hatten.
Hier liegt ein Herr in einem Geschäftseingang und keine 10 Meter weiter, sitzen Menschen im Biergarten und feiern ihr Leben, was jedem gegönnt ist aber wenn man dann sieht, wie viele von Ihnen mal auf die andere Straßenseite gehen, sich schon fast in diesen Eingang stellen, um mal eben zu telefonieren oder mehrmals an dieser Stelle vorbei gehen und es den Anschein macht, als würden sie die dort liegende Person gar nicht wahrnehmen, dann frage ich mich, wo ist das Herz der Menschen geblieben, die eine solche Situation einfach ignorieren?
Als nächste Station, sind wir zu dem Herrn gefahren, der vor ein paar Tagen einen Krampfanfall hatte und der gestern eigentlich schon schlief, als wir dort ankamen, was ja auch so um fast 3:00 Uhr in der Nacht jeder Mensch tut, wenn er nicht gerade unterwegs ist.
Doch so tief und feste schlief er gar nicht, denn keine 100 m weiter, fand gerade eine Party statt und der dumpfe Bass – kann einen Menschen unmöglich in den Tiefschlaf verfallen lassen, zudem kommt aber auch noch dazu, dass viele der Menschen, die auf der Straße schlafen einen oftmals sehr leichten Schlaf haben und bei dem geringsten Geräusch aufwachen.
Es kommt eben alles zusammen, oftmals leider eine Sucht, keinen richtigen Schlaf finden zu können, diese ewigen Gedanken, was in ihrem Leben passiert ist und dann die nächste Angst vor dem kommenden Winter, vor dem sich alle, mit denen wir sprechen oder auch in der Vergangenheit gesprochen hatten, dieses Jahr ganz besonders fürchten.
Warum das so ist? Vielleicht empfinden sie anders, als wir – uns, denen egal wie kalt es draußen ist, nach Hause kommen und die Heizung anmachen können.
Vielleicht ist es wie die Natur und die dort lebenden Wesen, die sich in all den Jahren, eine gewissen Sensibilität angeeignet haben und spüren, wenn etwas bevorsteht, was vielleicht nicht gut wird.
Ich weiß es nicht, kann es mir aber nicht anders erklären, möchte aber betonen das der Vergleich mit obdachlosen Menschen und den Wesen, die in der Natur leben, bitte nicht falsch verstanden werden sollte.
Nach einem Gespräch mit ihm und einer warmen Suppe, ein paar Flaschen Wasser fuhren wir weiter und waren beruhigt, dass es ihm wieder gut ging, was er uns zuvor auch bestätigte und auch habe er seit dem Vorfall keinen Anfall mehr gehabt, zu mindestens keinen, von dem er wüsste.
Danach ging es noch kurz um die Ecke, zu der Stelle, die Jens letztens entdeckte, doch hier fanden wir in der Nacht niemanden vor.
Kurz danach sind wir noch an eine weitere Stelle gefahren und auch hier durften wir Gutes tun und weil es irgendwann schon fast wieder hell wurde, entschlossen wir uns den Weg nach Hagen über die Autobahn zu nehmen und waren auch schon kurze Zeit danach in einer weiteren Stadt, die für die Menschen, die dort leben – eben auf ihre Art und Weise auch schön ist.
Jedem – wie es ihm gefällt.
Hier durften wir dann in den frühen Morgenstunden noch drei Terrinen und drei Kaffee verteilen, während mich die Müdigkeit so überrannt hatte und ich am liebsten an Ort und Stelle stehen geblieben wäre, um ein Nickerchen zu machen, schauten sich Patrizia und Jens noch kurz um, kamen dann aber schon bald zurück und nachdem wir Patrizia nach Hause gefahren hatten und ich dann später Jens auch noch zu sich gefahren bin, machte ich mich dann auch auf den Weg nach Hause – zwar etwas langsamer als sonst, dafür aber sicher und mit der ein oder anderen Pause unterwegs, um meinen Körper im Glauben zu lassen, dass ich hellwach war.
Solche Fahrten schlauchen extrem, nicht nur die Geschichten, wenn es auch an manchen Tagen weniger sind als an anderen, die wir erfahren und erleben, auch die Fahrten von einem Ort zum anderen, quer durch die Nacht, machen irgendwann müde, lassen Gefühle Samba tanzen und hin und wieder kämpft der Kopf damit, die Tränenreserven nicht auf einem Hieb hinauszuschießen, wenn dann die ein oder andere Gesichte doch härter wird, als andere die auch schlimm sind oder waren.
Wir sind eben auch nur Menschen!
Ich wünsche Euch allen einen schönen Sonntag, macht Euch einen sonnigen Tag und wenn Euch dann noch etwas Zeit bleibt, schiebt den Vorhang in Eure Stadt ein bisschen zur Seite und passt auf die auf, die dort liegen und leben und von denen sich jeder freuen würde, nicht unsichtbar zu bleiben.