Unsichtbar
Es gibt Situationen, da fühlt man sich bedeutend sicherer, wenn man zu dritt ist.
Sabine, Marina und ich (Monika) fuhren auf unserer Tour durch Wuppertal am 2. Weihnachtstag zunächst eine Stelle an, an der uns ein Obdachloser gemeldet worden war. Der Ort entpuppte sich als ein altes, verschachteltes Gebäude, an vielen Stellen nicht einsichtig von der Straße aus. Wir fanden nach langem Suchen und mit Taschenlampen einen verlassenen Schlafplatz in einer Mauernische. Rucksack, verschiedene Utensilien und sogar ein Handy warteten auf die Rückkehr des Besitzers. Von ihm keine Spur, aber er musste in der Nähe sein, denn niemand lässt sein Handy lange unbeaufsichtigt liegen.
Wir waren sehr vorsichtig, positionierten uns sofort so, dass wir alles überblicken konnten und die Chance gehabt hätten uns auf Abstand als “ Unsichtbar“ vorzustellen. Wie schnell hätte jemand auftauchen und die Situation falsch einschätzen können. Nicht selten berichten uns die Straßenmenschen davon, dass ihre wenigen Habseligkeiten gestohlen wurden. Und was macht man, wenn man dann vermeintliche Diebe auf frischer Tat ertappt? Aber es kam niemand und wir ließen eine Visitenkarte da, damit er uns dann zuordnen kann, wenn wir wiederkommen. Aber an diesen Ort nur zu dritt.
Im Verlauf der Tour trafen wir auch den obdachlosen Menschen, der uns ganz große Sorgen macht. Zu unserer Freude berichtete er von einem neuen Anlauf zur Entgiftung und anschließender Therapie – Beginn schon in dieser Woche. „Geht ja auch gar nicht mehr. Ich bau ja auch nur noch ab.“ Ja, das konnten wir sehr lange beobachten und haben immer wieder auf ihn eingeredet, endlich eine Therapie zu machen.
Er saß zusammengesunken auf einer Steintreppe, umgeben von dem Müll, den er regelmäßig um sich verbreitet und nahm dankbar eine warme Terrine und auch ein paar Handschuhe für seine steifgefrorenen Hände an. Bis zu seinem windgeschützten Stammplatz war es nicht weit, aber er schaffte es in dieser Nacht nicht bis dorthin. Als wir Stunden später noch einmal vorbeischauten, saß er immer noch auf der Treppe, die Wodkaflasche war fast leer. Wir können nur hoffen, dass er seinen Termin zur Entgiftung auch wirklich wahrnimmt.“ Wenn wir das nächste Mal in Wuppertal sind, möchten wir dich nicht mehr antreffen.“ Wir mögen ihn wirklich sehr und wir würden ihn vermissen, aber er muss einfach diese Chance nutzen, denn sonst könnte es sein, dass er den Winter nicht überlebt.
Zum Ende jeder Tour, nachdem wir uns vergewissert haben, dass es den anderen obdachlosen Menschen einigermaßen gut geht, die draußen anzutreffen sind, fahren wir immer noch einmal zu einem alten Bekannten, der uns ähnliche Sorgen macht. Er ist jedoch immer gut gelaunt und wir unterhalten uns oft sehr lange.
Er erzählte dieses Mal ganz begeistert, dass er in der historischen Stadthalle an der „Weihnachtsfeier für einsame und alleinstehende Menschen“ teilgenommen hatte. Caritas, Diakonie und CVJM hatten diese absolut großartige Aktion wieder organisiert, bei der ca. 220 Menschen den Heiligabend in der Gemeinschaft erleben durften. Auch unser Bekannter war noch ganz angetan von den schön gedeckten Tischen, dem Kartoffelsalat mit sehr leckeren Frikadellen und der Weihnachtstüte für alle, gespendet und gepackt von „Wuppertaler Engeln“. Er hatte es zwar nicht benötigt, aber um 23 h wurden dann alle Gäste von Wuppertaler Fahrern und Fahrerinnen nach Hause gebracht.
Eine so wunderbare Aktion, die wieder zeigt, wie groß die Hilfsbereitschaft auch in diesen schwierigen Zeiten ist.