Von ekelig kalt und nass, bis hin zu traurig und letztendlich auch erfolgreich.
Von ekelig kalt und nass, bis hin zu traurig und letztendlich auch erfolgreich.
Olli und mich führte unsere heutige Tour nach Wuppertal.
Nachdem mich Samstag in der Nacht eine Meldung, eines besorgten Herrn erreichte, dass gegenüber seiner Wohnung ein Herr mit Hund sitzt – ich diese Nachricht aber leider erst am späten Mittag abgehört hatte, setzte ich mich am Sonntagabend ins Auto und schaute nach ihm.
Eine Nachricht verpassen – das kann passieren, und zwar dann wenn die Müdigkeit es nicht mehr zulässt, selbst das Klingeln des sehr lauten Telefons, zu vernehmen.
Doch Sonntagabend traf ich niemanden an und so rief ich die Polizei des EN-Kreises an, mit der wir mittlerweile eine wirklich intensive Zusammenarbeit führen, um auch sie zu bitten, auf ihren Touren ein Auge drauf zu halten und uns bei einer Sichtung, zu informieren.
Heute dann fuhr ich am relativ frühen Abend mit Olli nochmal einige Stellen an, doch auch da fanden wir den Herrn und seinen Hund nicht, also ging es weiter nach Wuppertal, um dort nach Menschen zu schauen, die unsere Hilfe brauchen.
Da es weit mehr als nur die Elberfelder Innenstadt in Wuppertal gibt, verließ ich mich wie immer auf mein Bauchgefühl und fuhr auch andere Stadtteile an und siehe da, dort wo wir schon sehr lange niemanden mehr angetroffen hatten, durften wir mit einem Schlafsack, einer Terrine, einem TOM und einer Powerbank helfen.
Danke das wir geholfen haben, sagte uns der Mann – Danke das wir helfen durften, antwortete ich ihm.
Auf unserem weiteren Weg, durch diese blöde und fiese kalte und regnerische Nacht, durften wir vielen weiteren Menschen, mit etwas Warmen und Süßen helfen.
Danach sollte es nochmal zurück an die Stelle gehen, an der wir den Herrn gefunden haben, wo mich mein Bauchgefühl hingelenkt hatte, weil wir es ihm versprochen hatten und was wir versprechen, dass halten wir auch, wenn die Müdigkeit dann mitspielt.
Auf dem Weg dorthin, lief eine Ente mit ihrem Freund über die Straße – ich konnte dank Olli noch rechtzeitig bremsen, doch das Fahrzeug, welches mich gerade überholte, bremste leider zu spät und überfuhr die Ente. Oh mein Gott, was für ein schreckliches Ereignis und um zu sehen, ob die Ente es nicht vielleicht doch geschafft hatte, drehte ich um und sah sie auf dem Grünstreifen liegen und die andere Ente, lief um sie herum, als würde sie die Welt nicht verstehen.
Wie schrecklich und wirklich sehr traurig, aber es kommt noch schlimmer.
Als ich dann wieder gedreht hatte, um unseren Weg fortzusetzen, sah ich die andere Ente erst nicht, bis wir dann näher kamen und sehen mussten, dass sie wohl den Rückweg über die Straße antreten wollte und von einem weiteren Fahrzeug erfasst wurde und genauso schrecklich, wie ihr Freund ums Leben kam.
Bei sowas bin ich sehr nah am Wasser gebaut und die Beiden gehen mir einfach nicht aus dem Kopf. Zwei Entlein, die vielleicht auf dem Heimweg waren und diesen Heimweg nicht überlebten, hatten vielleicht auch noch Träume und Ideen aber das der Abend so für sie enden würde, daran hätten sie bestimmt nicht glauben wollen.
Es geht alles so sehr schnell vorbei, man wacht morgens auf und Abends kann es schon vorbei sein und während man in den Tag hineinlebt, sollte jeder – ob Tier oder Mensch das Leben einfach genießen, ohne Streit, Neid oder andere Querelen, denn nichts ist wertvoller als das Leben, dass mit Sicherheit auch schön und in Ruhe und Liebe gelebt werden kann.
Ich jedenfalls gönne es jedem, der es so leben kann – bis zu dem Zeitpunkt, an dem man dann vielleicht nichtsahnend über eine Straße geht und alles plötzlich endet.
Danach machten wir unser Versprechen war, schauten nach dem Herrn, der sich mittlerweile in einem Ladeneingang, in den Schlafsack gelegt hatte und schon schlief.
Olli, der heute das zweite Mal mit uns auf der Straße war, machte seine Sache wirklich großartig – er ging auf die Menschen zu, sprach mit ihnen und ging auf sie ein. Ein guter Anfang.
Auf viele weitere solche Touren.
Dann brachte ich ihn zum Lager zurück, wo all unsere Fahrten beginnen – er fuhr nach Hause und ich hörte wieder einmal auf mein Bauchgefühl und fuhr noch eine Runde nach Hagen und auf dem Weg dahin, bekam ich einen Anruf von der Polizei aus dem EN-Kreis, dass sie den Herrn mit seinem Hund gefunden hatten und ob wir es einrichten könnten, dazu zu kommen.
Also machte ich mich auf den Weg und ich sollte mich melden, wenn ich ankommen würde, was ich dann auch tat und die Polizei und ich trafen zur gleichen Zeit bei dem Herrn an.
Dieser hatte sich wohl aus seiner Wohnung gesperrt, sein Hund zitterte am ganzen Körper und mir und den Beamten war es nicht wohl dabei, die beiden bei den Temperaturen, dort ohne alles sitzen zu lassen.
Auch auf mehrmaliges Zusprechen, verneinte der Herr einen Schlafsack und dann muss ich in die Zauberkiste greifen und auf Tatsachen das Gespräch in die Richtung lenken, damit auch für ihn ein Schlafsack vielleicht doch interessant wird.
Nachdem ich ihm sagte, dass ich viele Menschen kannte, die genau das Gleiche sagten, wie er und das war der Satz „Ich passe auf mich auf und die Kälte bringt mich schon nicht um“, sagte ich ihm weiter, dass ich genau diesen Satz von so vielen Menschen in der Vergangenheit gehört hatte und einige dieser Menschen heute nicht mehr sind, weil sie die Kälte unterschätzt hatten und genau deshalb würde ich erst recht jetzt darauf bestehen, dass er einen Schlafsack annehmen würde, was er dann auch tat.
Ich kenne ihn von früher, er pendelt von einer Klinik in die anderen, kann nicht in seiner Wohnung bleiben, weil er Angst hat überfallen zu werden und verbringt deshalb die Nächte auf der Straße, nur jetzt mit dem kleinen Unterschied, dass beide etwas zum zudecken haben und die Wahrscheinlichkeit, dass noch ein Mensch auf der Straße erfriert, wesentlich geringer geworden ist.
Vielen Dank an dieser Stelle auch an die, wie immer sehr freundlichen Beamten, der Polizei NRW Ennepe-Ruhr-Kreis, die uns dann ruft, wenn sie im Bereich von Obdachlosigkeit unsere Unterstützung braucht.
Dafür – vielen Dank – gut das es Euch gibt!