Ein bisschen nachdenken
Was wäre denn, wenn wir uns alle jetzt in diesem Augenblick einfach mal vielleicht 40 Jahre zurückversetzen würden?
Vor vielleicht 40 Jahren, war die Welt noch anders….
Kein Internet, reges miteinander reden und auch Nächstenliebe wurde ganz anders geschrieben und in die Tat umgesetzt.
Obdachlose Menschen gab es auch da, nur wurden diesen Menschen, zu dieser Zeit ganz anders eingestuft, auch wenn sie damals noch als Penner oder Stadtstreicher über einen Kamm geschert wurden und zugeben, viele auch ihre Geschichten mit sich herumtrugen aber da gab es auch noch Menschen, die wollten einfach aus dem System raus und ihr eigenes Ding machen, weg von der Konsumgesellschaft, sowie sie früher war (heute ist sie noch schlimmer) und sie lebten ihr Leben.
Damals waren es die, die ihr Leben nicht in den Griff bekamen, angeblich die, die ein schlechtes soziales Umfeld hatten, Knastis oder Menschen mit einem Knacks aber es waren auch einfach nur Aussteiger dabei, die – die von alle dem einfach die Nase voll hatten.
All das gibt es auch heute noch, nur wird das Ganze nicht mehr so locker angesehen.
Locker soll nicht bedeuten, dass ein Leben auf der Straße ein Wunschkonzert ist und man sich wie am Strand fühlt, in der Sonne liegt und sich einen Cocktail nachdem anderen servieren lässt – es war von vielen Menschen, mehr oder weniger gewollt.
Raus aus der Gesellschaft und wenn man dann keine Lust mehr hatte, ist man wieder in das System gestiegen, nahm sich eine Wohnung und lebte sein Leben weiter.
Damals, ja da war das Leben und vor allem das Denken der Menschen auch noch anders.
Wir haben während unserer Vereinsarbeit, Menschen kennengelernt, die gehören noch zu diesem Schlag aber sie beherrschen ihr Leben, wenn es auch in den Augen vieler Menschen, kein schönes Leben ist, sie beherrschen es zu überleben, haben Methoden entwickelt, ganz ohne die alltäglichen Dinge, die wir uns heut zu Tage gar nicht wegdenken können, zu überleben.
Menschen, die damals den Sinn, einer idealgesteuerten Gesellschaft nicht mehr ernst nahmen und einfach ihr eigenes Leben führen wollten, die – die in Wäldern schliefen und aus allem, irgendwas machten, um ihr Leben zu leben.
Und dann….
Stellt man fest das wir vielleicht zurück denken können aber unser Kopf uns immer wieder in das Hier und in das Jetzt versetzt.
Ja was wäre denn, wenn wir die Zeit zurückdrehen könnten?
Viele von uns würden bestimmt einiges in ihrem Leben ändern, um so einen leichteren Weg zu gehen aber andere würden ihr Leben genauso leben, wie sie es gelebt haben und dann, dann befindet man sich im Hier und im Jetzt.
2018, fast eine Million Menschen leben auf der Straße, doch sind es schon lange nicht mehr die, die einen schwachen sozialen Hintergrund haben und auch nicht die, die einfach mal aussteigen wollen und auch nicht die, die dieses Leben auf irgendeine Art und Weise beherrschen zu überleben.
Mittlerweile leben Akademiker und Manager auf den Straßen, Menschen – die in ihrem Leben vieles erlebt haben, sicherlich andere haben auch vieles erlebt aber gerade diese Menschen, die einst die wahren, die die Menschen unter denen sie heute selber leben, gar nicht erst wahrgenommen haben.
Natürlich gibt es heute noch die, die auf der Straße leben, die mit dem sozialschwachen Hintergrund und auch die ehemaligen Straffälligen, die mit einem geregelten Leben so gar nichts mehr anfangen können, weil sich in der langen Haftzeit, so sehr viel geändert hat, dass sie am liebsten hinter Gittern bleiben würden, weil die Welt die sie erwartet, eine andere ist.
Obdachlosigkeit ist kein Erlebnisstark, heute nicht mehr – der Moment einfach mal auszusteigen und wie es einem beliebt, wieder zurück zu kommen – sowas gibt es nicht mehr.
Heute sieht Obdachlosigkeit anders aus.
Die Menschen haben vergessen zu reden, Nächstenliebe ist kein Begriff mehr und die Gewalt und Übergriffe, nehmen tag täglich zu – da steigt niemand mehr freiwillig aus, um der Gesellschaft, sowie sie lebt, wo jeder dem anderen nach der Nase redet, wo alles schön und attraktiv sein muss, in einer Gesellschaft, wo jeder sich am nächsten ist und Geld mehr wert hat, als ein Menschenleben, zu entkommen.
Wer das freiwillig macht, steht entweder unter Drogen oder hat einen extrem instabilen psychischen und schmerzhaften Hintergrund.
Freiwillig geht diesen Weg heute niemand mehr aber dennoch kann die Psyche, der Konsum und viele andere Faktoren dafür sorgen, dass man, ohne dass man es überhaupt will, zu diesem Weg gezwungen wird.
In der heutigen Zeit wäre so ein Selbstversuch, der Gesellschaft auf diese Art und Weise zu entkommen, wie ein Spaziergang durch ein Krokodilbecken, die Wahrscheinlichkeit, gefressen zu werden ist extrem hoch und wenn man dann eine Unterkunft sucht, wäre die Wahrscheinlichkeit höher auf dem Boden des Geheges schlafen zu müssen, höher als einen Schlafplatz zu finden, weil es entweder keine bezahlbaren Wohnungen mehr gibt und/oder Unterkünfte voll sind oder man die Wahrscheinlichkeit, beim Einlass – in diese hätte, den nächsten Morgen nicht lebendig daraus zu kommen.
Die Wahrscheinlich dieses Leben zu überleben, ist im Großen und Ganzen aber auch ein Glückspiel, weil ob man nun auf der Straße schläft und dort verbrannt, geköpft oder erstochen wird, ist eigentlich dann auch egal, ob einem das in einem Unterkunftsheim passiert – Tod ist letztendlich Tod und die Menschen interessiert es eh nicht.
Und dann kommt plötzlich der Gedanke auf, würde das einem bekannten Schauspieler passieren, jemanden aus dem Mittelpunkt der Gesellschaft, würden sich die Medien zerreißen oder jeder würde gerne der erste sein, der darüber berichtet – handelt es sich aber hier nur eine obdachlose Person, eine von vielen, dann – ach ja – dann – war es ebenso.
Er/Sie hat es ja nicht anders gewollt und überhaupt, muss ja niemand auf der Straße schlafen…
Den letzten Satz kennt ihr alle, der stammt noch von vor 40 Jahren, da musste niemand auf der Straße schlafen und kaum ein Mensch interessiert sich für das Wieso und Weshalb aber der Satz „Niemand muss auf der Straße schlafen“ den haben Vater, Opa, Mutter und sonst wer schon gesagt und den haben viele übernommen, weil er einfach so einfach ist aber heut zu Tage genauso wenig Bedeutung hat, wie Nächstenliebe und Empathie – anderen Menschen gegenüber.
Was wäre denn, wenn sich jeder diese Zeilen einfach mal zu Herzen nehmen würde und darüber nachdenkt, wie es wäre – ein bisschen Liebe, die man sich selber schenkt, ein bisschen Glück, dass man selber hat und ein paar schöne Augenblicke, die man selbst erlebt hat – einfach mal mit Menschen teilt, die so etwas schon lange nicht mehr zu spüren bekommen haben.
Was wäre denn, wenn so etwas umsetzbar wäre und wir alle einfach mal ein bisschen in der Vergangenheit leben würden….