Schietwetter
Karin schreibt…
Schietwetter – aber Ute und ich (Karin) sind ja nicht aus Zucker. Bei mir bin ich da allerdings nicht so ganz sicher – ich bin mehr so der Schönwetter-Typ…
Egal, das zählt nicht, wir starten Richtung Innenstadt, Holger hatte eine Meldung durchgegeben. Ich fahre ganz langsam, wir halten Ausschau, aber der hilfsbedürftige Herr ist nicht aufzufinden. Ok – weiter geht’s zunächst zu einigen Stellen, an denen wir mehrmals Obdachlose angetroffen haben – aber heute sehen wir sie nicht, sie haben sich zurückgezogen an hoffentlich sichere, geschützte Stellen.
Aber dann finden wir die beiden, denen wir vor kurzem erst helfen durften, die beiden, die sich jetzt zusammengetan haben. Ich freue mich sehr, dass diese Zweckgemeinschaft bisher länger dauert als 2 oder 3 Tage! Der Herr, den ich seit ich bei UNSICHTBAR e. V. bin, kenne, schaut mich an: „Kalt!“ Ja, noch nicht mal so sehr wg. der Temperaturen, aber der Wind ist schneidend kalt. Die Wünsche der beiden sind bescheiden, außer Terrinen, Kaffee, Eistee, Süßes nehmen sie noch Mützen, Handschuhe und warme Socken an. Unsere TOM (Taschen für obdachlose Menschen) enthalten jetzt u.a.
Thermounterwäsche, der Herr, der kein Deutsch spricht, freut sich darüber. Unser Bekannter guckt Ute fragend an: „Du bist neu?“ Nicht so ganz, aber die beiden haben sich noch nicht kennengelernt. Wir bleiben noch eine Weile, einfach mal ein bisschen reden… ein bisschen zuhören… ein bisschen so tun, als würden sich Freunde treffen… ein bisschen „Normalität“ leben… Eine Normalität, die ihr und wir leben, die wir ein Zuhause haben.
Wir fahren weiter, rufen den obdachlosen Herrn an, dem wir vor kurzem helfen durften, der, der so furchtbar gefroren, dessen Stimme vor Kälte gezittert hat. Wie geht es ihm, braucht er etwas? Jesses – mal gute Nachrichten! Er ist auf dem Weg in eine Nachbarstadt, kann für diese Nacht bei einer Bekannten unterkommen. Erzählt mit Begeisterung, wie gut der Schlafsack geholfen hat, dass er tatsächlich richtig fest geschlafen hat. Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie dankbar WIR sind, solche Nachrichten hören zu können!
Nächster Treffpunkt: Wieder ein guter Bekannter, wieder Nahrung, Getränke, Schal, Mütze, Handschuhe. Wir wollen gerade weiterfahren, als ein Herr an die Scheibe klopft. Ute lässt sie runter und er reicht ihr einen 10-Euro-Schein. Ohne groß zu reden – einfach so. Diese spontanen Gesten, diese Anerkennung dessen, was wir tun, haut mich jedes Mal um. Zu oft sieht man verständnislose, manchmal sogar auch angeekelte Gesichter. Schietwetter – aber Ute und ich freuen uns!
Besuch bei „Rudi“ – und wieder alles wie immer, also gut. Weiter durch die Stadt und zu einem Treffpunkt, an dem wir viele Obdachlose treffen könnten. Aber es ist schon spät – besser früh – und als wir gerade Richtung Lager starten wollen, nähert sich ein junger Obdachloser dem Kangoo. Es ist der, der so herzzerreißend mit den Augen klimpern kann :leichtes_lächeln:. Der, der immer gutgelaunt ist – außer, als er von einem Sturz und einer ziemlich großen OP erzählt hat. Da war er sehr leise und es war deutlich, wie sehr ihn das mitgenommen hat. Ich freue mich sehr, ihn munter wie immer zu sehen und dass wir ihm helfen dürfen.
Wir fahren zurück zum Lager, das übliche Ausklingen lassen einer Tour, Ute nach Hause bringen – und dann bin ich wieder daheim. Genau: In meinem Heim. Irgendwie klingt das wohliger, kuscheliger, wärmer als „Zuhause“.
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EHRENAMT BEI UNSICHTBAR e. V.
Das Ehrenamt bei UNSICHTBAR e. V. besteht nicht ausschließlich aus der Arbeit auf der Straße. Bring dich zum Beispiel in der Fahrzeugpflege mit ein, sortiere, packe und waschen und reinige regelmäßig unsere Fahrzeuge, denn auch das ist eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe.
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